Von Schulnoten und Sternen

Von Schulnoten und Sternen

Dieser Tweet erfreut sich in den letzten Tagen einiger Beliebtheit:

Worum geht’s?

In ihrer endlichen Weisheit haben sich die Verhandler der beiden voraussichtlich zukünftigen österreichischen Regierungsparteien dazu entschlossen, in den ersten drei Schulstufen die Notenskala von 1 bis 5 wieder vorzuschreiben.

Wie ist das bis jetzt geregelt?

Derzeit haben die Schulen dank ihrer Autonomie die Wahl: Lehrer und Eltern entscheiden zu Beginn des Schuljahres, ob die Kinder nach klassischen Noten von „Sehr gut“ bis „Nicht genügend“ beurteilt werden oder mittels einer schriftlichen „Leistungsinformation“, die größere Differenzierungen ermöglicht.
Der Standard

 

Im Rahmen der Alternativen Leistungsbeschreibung werden zweimal jährlich vom Klassenlehrer oder der Klassenlehrerin Bewertungsgespräche abgehalten, zu denen die Erziehungsberechtigten und die Schülerinnen bzw. Schüler eingeladen werden (Kind-Erziehungsberechtigte-Lehrende-Gespräche). Basis dieser Gespräche ist eine durchgehende Dokumentation der Lernfortschritte in Form eines Lernzielkatalogs, einer Lernfortschrittsdokumentation oder eines Portfolios. In den Gesprächen werden die Ausgangssituation, festgestellte Lernfortschritte, sowie zu erreichende Lernziele hinsichtlich der Selbständigkeit der Arbeit, des Erfassens und Anwendens des Lehrstoffes, der Durchführung der Aufgaben und der Eigenständigkeit sowie die Persönlichkeitsentwicklung und das Verhalten in der Gemeinschaft erörtert und dokumentiert. Diese Gespräche werden durch eine schriftliche Semester- bzw. Jahresinformation ergänzt. Im Rahmen der KEL-Gespräche sind Vereinbarungen zur Erreichung der festgesetzten Lernziele mit allen Beteiligten zu treffen.
Bildungsministerium

Die Alternative Leistungsbewertung besteht also nicht nur daraus, dass im Zeugnis nette Sätze statt der herkömmlichen Noten stehen. Sie enthält auch die genauere Dokumentation des Lernfortschritts und eine Art Sprechstunde/Elternsprechtag, an der auch die Schülerin oder der Schüler teilnimmt, einmal pro Semester.

Die herkömmlichen Schulnoten wurden damit nicht abgeschafft: In der vierten Schulstufe werden sie benötigt, um über die Aufnahme in eine AHS zu entscheiden. Davor können die Lehrer Sätze wie z.B. „Insgesamt erbringt Max eine sehr gute Leistung in Mathematik“ verwenden. Da versteht jeder, welche Note gemeint ist.

Noch ein paar Bemerkungen:

Natürlich ist mir nicht entgangen, dass die Bewertungen beim Onlineshopping auch Sterne enthalten. Der eigentliche Informationsgehalt steckt für mich aber in den Texten. Selbstverständlich haben die Eltern auch die Möglichkeit, zum Elternsprechtag oder in eine Sprechstunde zu gehen. Auf den ersten Blick sieht der Plan, Noten wieder vorzuschreiben, so aus, als sei er dazu gedacht, die Bewertung objektiver zu machen. In der Realität könnte er genau den gegenteiligen Effekt haben. Zuletzt sollten wir auch bedenken, dass es um Volksschüler geht. Der Leistungsdruck kommt ohnehin früh genug: man muss nicht schon in der ersten Klasse damit beginnen.

Nationalratswahl 2017: Wie gut passen die Parteien zueinander?

Nationalratswahl 2017: Wie gut passen die Parteien zueinander?

Die Nationalratswahl und die Phase der Regierungsbildung naht. Auch wenn wir eh schon zu wissen meinen, wer mit wem in Koalition gehen wird, finde ich es interessant, nachzusehen, wie gut die politischen Programme der Parteien zueinander passen. Dazu habe ich, wie schon bei vergangenen Wahlen, die Antworten der Parteien auf die Fragen der politischen Orientierungshilfe Wahlkabine.at ausgewertet.

Die folgende Tabelle gibt den Grad der Übereinstimmung der Antworten von je zwei Parteien wieder. Genaueres zur Methodik siehe unten.

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Zur Wien-Wahl: Wie gut passen die Parteien zueinander?

Zur Wien-Wahl: Wie gut passen die Parteien zueinander?

Wie schon vor zwei Jahren habe ich mir auch heuer wieder anhand der Daten von wahlkabine.at angesehen, wie gut die Listen und Parteien zueinander passen — diesmal anhand der Daten für die Wiener Gemeinderats- und Landtagswahl.

Wahlkabine.at erhebt von den Listen, die wienweit antreten, Antworten auf 25 aktuelle politische Fragen. Dabei wird sowohl die Antwort (ja/nein) als auch die Gewichtung des Themas (1-3) erhoben. Eine Liste der Fragen findet ihr dort. Zweck von Wahlkabine ist es, jedem Einzelnen eine politische Orientierungshilfe zu bieten.

Die von mir erstellte Tabelle zeigt, wie gut die Ansichten der Listen zueinander passen und berücksichtigt die Gewichtung.

 

SPÖ

ÖVP

Grüne

FPÖ

NEOS

ANDAS

SPÖ 

100%

54%

68%

51%

69%

65%

ÖVP 

54%

100%

39%

74%

65%

34%

Grüne 

68%

39%

100%

45%

70%

89%

FPÖ 

51%

74%

45%

100%

53%

37%

NEOS 

69%

65%

70%

53%

100%

62%

ANDAS 

65%

34%

89%

37%

62%

100%

Dass die SPÖ mit keiner anderen Liste über 70% Übereinstimmung kommt, wundert mich nicht. Nach einer Regierungszeit bleiben tendenziell jene Dinge übrig, über die sich die Koalition nicht einigen konnte. Wenig Übereinstimmungen gibt es mit der Volkspartei und den Freiheitlichen.

Die Grünen passen halbwegs gut zu den NEOS und zur SPÖ, und sehr gut zu ANDAS.

Die FPÖ hat nur mit einer der Listen viel gemeinsam, und zwar mit der ÖVP.

Die NEOS stehen irgendwo in der Mitte zwischen ÖVP, SPÖ und Grünen.

Die ÖVP Wien „kann“ mit der FPÖ und den NEOS besser als mit der SPÖ. Allerdings sahen die Werte auf Bundesebene vor 2 Jahren ziemlich ähnlich aus.

Außerdem habe ich noch zwei Varianten für Dreierkoalitionen angesehen : SPÖ, Grüne und NEOS geben (ohne Gewichtung) auf 52% der Fragen die selbe Antwort. FPÖ, ÖVP und NEOS stimmen in nur 24% der Antworten überein. Damit gehen die Ergebnisse mit den allgemeinen Erwartungen, die SPÖ werde wieder eine Koalition mit den Grünen eingehen und gegebenenfalls die NEOS dazunehmen, konform.


Zur Auswertung

Die Antworten habe ich auf einer Skala von -3/6 (Nein, wichtig) über -1/6 (Nein, weniger wichtig), 1/6 bis 3/6 (Ja, wichtig) eingeordnet. Der Grad der Übereinstimmung zweier Parteien in einer Frage ist dann 1 minus dem Abstand der Antworten auf der Achse. Das Gesamtergebnis ergibt sich durch Mittelung über die Einzelergebnisse. Eine Änderung der Gewichtung einer Antwort um eine Stufe ändert das Gesamtergebnis um 0,6%. Die Auswertung ist mit Absicht mathematisch einfach gehalten; ihre Ergebnisse können daher maximal als Tendenz gesehen werden.

Zur Nationalratswahl: Wie gut passen die Parteien zueinander?

Als kleinen Beitrag zur Diskussion über die Nationalratswahl und die spätere Regierungsbildung habe ich die Daten von Wahlkabine.at ausgewertet. Wahlkabine.at erhebt von den Listen, die österreichweit antreten, Antworten auf 25 aktuelle politische Fragen. Dabei wird sowohl die Antwort (ja/nein) als auch die Gewichtung des Themas im Programm der Partei (1-3) erhoben. Mehr zur Methodik und eine Liste der Fragen findet ihr dort.

Die folgende Tabelle zeigt, wie „kompatibel“ die politischen Ansichten der einzelnen Parteien zueinander sind (in Prozent). Die Gewichtung habe ich dabei berücksichtigt.

SPÖ

ÖVP

FPÖ

BZÖ

Grüne

TS

KPÖ

NEOS

PIRATEN

SPÖ

100

57

63

63

58

65

57

51

53

ÖVP

57

100

77

77

41

76

39

62

49

FPÖ

63

77

100

68

45

66

41

51

47

BZÖ

63

77

68

100

49

82

47

65

60

Grüne

58

41

45

49

100

52

94

65

78

Team Stronach

65

76

66

82

52

100

51

67

63

KPÖ

57

39

41

47

94

51

100

63

79

NEOS/LIF

51

62

51

65

65

67

63

100

71

PIRATEN

53

49

47

60

78

63

79

71

100

 

Man sieht hier, dass SPÖ und ÖVP nur zu 57% kompatibel sind. Dieses eher niedrige Ergebnis könnte damit zu tun haben, dass nach einigen Jahren Zusammenarbeit tendenziell eher jene Themen übrig bleiben, in denen sich die Regierungsparteien nicht auf eine gemeinsame Linie einigen konnten.

Die Tabelle gibt uns auch eine Möglichkeit, die nicht im Parlament vertretenen Listen einzuordnen. Die KPÖ ist mit den Grünen sehr oft einer Meinung. Die Piraten antworteten oft so wie die Grünen, die KPÖ und die NEOS. Die NEOS könnten mit den meisten mittelmäßig gut auskommen, mit der FPÖ und der SPÖ tendenziell weniger gut. Das zeigt, dass die NEOS eine politische Richtung vertreten, die von keiner der anderen Parteien weitgehend vertreten wird, Piraten ausgenommen.

Das Team Stronach hat, nicht überraschenderweise, große Affinität zum BZÖ.

Die ÖVP ist mit der FPÖ sowie dem Team Stronach und dem BZÖ sehr kompatibel—etwas, das nach der Wahl durchaus eine wichtige Rolle spielen könnte.

Fragen, Fragen, Fragen…

Hin und wieder gibt’s hier einen politischen Kommentar von mir. Da mir und vielen anderen Wienern derzeit verschiedene Infos zur Wiener Volksbefragung 2013 ins Haus flattern, möchte ich kurz darauf eingehen.

1. Parkraumbewirtschaftung

Wie soll die Parkplatzsituation und Lebensqualität für BezirksbewohnerInnen verbessert werden?
A) Es sollen für jeden Wiener Bezirk Parkraumregelungen eingeführt werden.
B) Es soll Lösungen für einzelne Bezirke geben (mit Berücksichtigung der Interessen der Nachbarbezirke)

Kann man diese Frage bitte noch ein bisschen umständlicher stellen? Im wesentlichen bedeutet die Frage: Sollen A) die Stadtregierung und der Gemeinderat oder B) die Bezirksvorsteher und Bezirksvertretungen über die Parkraumbewirtschaftung in einem Bezirk entscheiden. Angesichts dessen, wie langwierig sich der derzeitige Prozess der Ausweitung der Kurzparkzonen gestaltet, und wie kurzsichtig manche Beteiligten auf Seiten der Bezirke agierten, bin ich klar dafür, den Bezirken diese Kompetenz zu entziehen.

2. Olympische Sommerspiele

Soll sich die Stadt um die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2028 bemühen? Ja oder Nein?

Die Ausrichtung von Olympischen Spielen ist extrem teuer, bringt aber einen großen Werbewert mit sich. Viele führen an dieser Stelle als Gegenargument an, Wien schaffe es nicht einmal, sein Stadthallenbad dicht zu bekommen. Das halte ich für einen eher blöden Seitenhieb. Tatsache ist aber, dass Wien eine ganze Reihe von Sportstätten für den Hochleistungssport mit vielen Zuschauerplätzen neu errichten müsste. Diese Sportstätten sind nicht nur teuer in der Errichtung, sondern verursachen auch in den Jahrzehnten nach den Spielen erhebliche Kosten für den Betrieb und die Erhaltung. Dazu kommt, dass sie für Österreich einfach eine Nummer zu groß sind. Das Schwimmstadion für Peking 2008 hatte Platz für 17000 Zuseher, die für die Schwimm-EM 2012 in Debrecen (Ungarn) verwendete Halle bietet 2200 Besuchern Platz. Letzteres wäre wohl die für Wien sinnvollere Größe. Selbst in Peking hat man sich dazu entschlossen, die Schwimmhalle nach den Spielen wieder zurück- bzw. umzubauen. In manchen Fällen ist die Nachnutzung einfacher: Das Olympische Dorf kann sicher 1:1 in Wohnungen umgewandelt werden und die Infrastrukturprojekte wie Straßen und Bahnlinien lassen sich auch einfach weiterverwenden. Als Beispiel sei die Fußball-EURO 2008 genannt. Während Wien die Gelegenheit genützt hat, die U2 sinnvoll zu verlängern, blieb Klagenfurt ein viel zu großes Sportstadion und ein Haufen Kosten.

Ich glaube, Wien ist mit kleineren Sportveranstaltungen besser beraten. Wie wär’s, wenn wir das Geld, das wir für die olympischen Spiele ausgegeben hätten, stattdessen für die Errichtung und Erhaltung von leistbaren Wohnungen und Sportstätten für den Breitensport ausgeben?

3. Privatisierungsschutz

Die kommunalen Betriebe bieten der Wiener Bevölkerung wichtige Dienstleistungen wie zum Beispiel Wasser, Kanal, Müllabfuhr, Energie, Spitäler, Gemeindewohnbauten und öffentliche Verkehrsmittel. Sind Sie dafür, dass diese Betriebe vor einer Privatisierung geschützt werden?

In Analogie zum Bankensektor gibt es hier viele Betriebe, die ich nicht als „too big to fail“, sondern als „too important to fail“ bezeichnen würde. Ich sehe keinen Sinn darin, die Wasserversorgung zu privatisieren. Ein privatwirtschaftliches Unternehmen hätte damit ein de-facto-Monopol auf die Wasserversorgung und könnte die Wartung der Leitungen und die Sicherung der Wasserqualität zugunsten des eigenen Profits vernachlässigen. Beispiele aus dem Ausland (z.B. Thames Water) zeigen außerdem, dass das keine gute Idee ist. Möglicherweise ist es aber auch politisches Kalkül, in der Fragestellung explizit die Wasserwerke zu erwähnen. In anderen Bereichen, in denen die Stadt Wien aktiv ist, funktioniert das Zusammenspiel von Unternehmen in privater Hand und solchen im öffentlichen Eigentum recht gut. Über das Netz die Wien Energie fließt Strom und Erdgas einiger privater Anbieter, im Verkehrsverbund arbeiten Wiener Linien, ÖBB und private Busunternehmen zusammen, auf den von der Bestattung Wien betriebenen Friedhöfen sind auch andere Bestattungsunternehmen aktiv. Am Wohnbausektor heißt es ohnehin schon seit längerem „mehr privat, weniger Staat“. Dennoch bin ich dafür, für die verbleibenden Unternehmen im Landeseigentum einen Privatisierungsschutz einzurichten bzw. sich dafür einzusetzen. Man weiß ja nicht, auf welch dumme Ideen die nächsten Regierungen kommen.

4. Erneuerbare Energieprojekte

Soll die Stadt nach dem Beispiel der Bürgerinnen-Solarkraftwerke weitere erneuerbare Energieprojekte entwickeln, die mit finanzieller Beteiligung der BürgerInnen realisiert werden?

Ja, warum nicht. Die Wienstrom wird hoffentlich intelligent genug agieren, um nur solche Projekte zu realisieren, die das Unternehmen nicht über kurz oder lang in den Ruin treiben. Dass erneuerbare Energien zwar eine tolle Sache sind, aber ohne konventionelle Kraftwerke oder Energieimporte den Energiebedarf Wiens auf absehbare Zeit nicht decken können, steht auf einem anderen Blatt. Auf dem Energiesektor gibt’s aber noch mehr zu tun: Umsteigen auf umweltfreundliche Energieformen beim Heizen (weg von Kohle, Erdöl und Festbrennstoffen, hin zu Fernwärme, Erdgas etc.), Forcierung von solarer Warmwasserbereitung, abgasärmere Busse (derzeit planen die Wiener Linien, von den abgasarmen Flüssiggasantrieben zu dreckigeren Dieselmotoren zu wechseln) und eine genauere Abrechnung von Gemeinschaftszentralheizungen und Fernwärmeanschlüssen, die zum Energiesparen ermuntert. Angesichts dieser To-Do-Liste halte ich die Frage für einigermaßen sinnlos.