Ein paar Gedanken zum Thema Links

Die netten Leute von Blögger.at veranstalten eine „Blogparade“ zum Thema Links mit besonderem Augenmerk auf Blogs. Links bringen Aufmerksamkeit; diese ist in der Welt des Web, der Welt von Reichweiten, Page Impressions, Google PageRank und so weiter ein wertvolles Gut. Dennoch nimmt-laut Blögger-„die Kultur des Verlinkens unter Bloggern“ ab-was auch immer man darunter verstehen möchte.

Aber…wozu sind Links eigentlich gut?

In meinen eigenen Artikeln erfüllen (externe) Links drei Funktionen:

  • Sie verweisen auf das Thema des Artikels.
    Wenn ich z.B. über eine Künstlergruppe schreibe, darf ein Link zu deren Website nicht fehlen.
  • Sie verweisen auf zusätzliche Informationen.
    Man kann nicht alles wissen, aber man kann fast alles nachschlagen. Oft genügt ein Link zu Wikipedia und der geneigte Leser kennt sich wieder aus.
  • Sie dienen als Quellenangabe.
    Da halte ich mich an die Wissenschaftsethik: Quellen werden selbstverständlich soweit als möglich genannt. Das sind oft Blogs, noch öfter Nachrichtenseiten; im Prinzip kommt dafür jede Internetseite in Frage.

Eine Sonderaufgabe nimmt die Blogroll wahr.

Um den Ursachen für eine mögliche Abnahme der Verlinkungen auf den Grund zu gehen müssen wir uns eine Frage stellen:

Wie hat sich das Internet im letzten Jahrzehnt verändert und welche Auswirkungen hatte diese Veränderung auf Blogs?

Zuerst einmal wurde das Internet in den letzten Jahren zu einem Massenmedium. Die frühen Blogs waren Spielereien von technophilen Internetfuzzis, die ihre „Homepages“ öfter updaten wollten als es in jenen Zeiten, in denen man ganze Websites per FTP hochlud, üblich war. Diskussionen fanden in Newsgroups statt; sie verlagerten sich mit der Zeit in die leichter zu bedienenden Foren. Viele Websites hatten ein Gästebuch als Mittel der Interaktion zwischen Lesern und Betreiber. Das Web selbst war nicht leicht zu erfassen–man sprach gerne vom sogenannten „Dark Web“, von Sites, die für die Crawler der Suchmaschinen und daher die Allgemeinheit unsichtbar waren. Ein gerne gesehenes Element einer Website war eine gut sortierte Linkliste, die Blogroll ist eine Art modernes Überbleibsel davon. Wenn man sich für ein bestimmtes Thema interessierte, sah man sich gerne mal die Linklisten an. Das „Tauschen“ von Links war ebenso beliebt wie Webrings zu bestimmten Themen. Yahoo hatte neben der Suchmaschine ein redaktionell betreutes Verzeichnis, eine riesige organisierte Linkliste, später war das Open Directory Project, dmoz.org, entstanden (beide existieren noch immer).

Die Informationen im Web stammten zu einem guten Teil aus erster Hand: Firmen, Vereine, öffentliche Einrichtungen und Private stellten Informationen über ihre Tätigkeiten, Projekte, Dienstleistungen und Hobbys ein. Man las oft „Last Update: XXXXXXX“ und stellte fest, dass die Informationen auf der Seite schon einige Monate alt waren. In vielen Fällen war das egal.

Enter The Weblog. Ende 1997. Eine einfache Art, die eigene „Homepage“ aktuell zu halten, ohne sich über das FTP-Protokoll ärgern zu müssen? Ja, auch.
In den Jahren davor waren einige Technologien entwickelt worden, die das Bloggen ermöglichten und vereinfachten: PHP wurde entwickelt und ermöglichte es zusammen mit kostenlosen Datenbankverwaltungssystemen, insbesondere MySQL, einfache, freie Content Management Systeme zu bauen. Mit Hilfe von RSS konnte man einfach Nachrichten von anderen Websites syndizieren oder selbst bereitstellen. 1999 starteten Blogger.com und LiveJournal.

Was aber machten Blogger und Blogs anders als die Tagebuchschreiber, die es davor schon gab? Neu war, dass die Blogger nicht nur von sich selbst berichteten,  sondern über andere Websites, Veranstaltungen, Events, Politik, und vieles mehr schrieben und Links veröffentlichten. Blogs entwickelten sich immer mehr weg von den persönlichen Tagebüchern und hin zu persönlich oder nach Thema sortierten Nachrichtenseiten. Blogger schrieben über das, was sie persönlich interessiert–und oftmals posteten sie einen Link und tippten bloß ein, zwei Sätze dazu. Sie agierten zunehmend als persönliche Nachrichtenfilter. Wenn man sich für ein Thema interessierte, las man die Blogs derer, die sich für dieselben Themen interessierten und bekam so einen Strom von Links mitgeliefert. Blogs waren Linkschleudern. Aber–warum „waren“?

Enter Twitter. Ich könnte auch Microblogging, Facebook-Statusupdates, soup.io und so weiter schreiben. Ursprünglich sollte Twitter eine Art Tagebuch werden–man wurde gefragt, „What are you doing?“ und ärgerte sich über die, die über jede Fütterung der Hauskatze twitterten. Twitter übernahm dann–eher unbeabsichtigt–die Funktion der Linkschleuder. Das Konzept von Followern und Following implementiert die sozialen Filter auf eine sehr einfach zu bedienende Art und Weise und die 140-Zeichen-Grenze für Tweets verhinderte, dass der Dienst selbst zu einer Blogplatform wurde.

Was geschieht nun mit den Blogs? Da die Funktion der Linkschleuder wegfällt nähern sich viele Blogs in der Länge und Art der Blogposts dem an, was aus den klassischen Nachrichtenwebsites wurde: längere, aufwändigere Artikel, die verhältnismäßig wenige Links enthalten. Weniger Blogposts, mehr Qualität bei privaten Blogs.

Blogparade Linkkultur

Weitere Beiträge der Blogparade:

Hannes Offenbacher: Bitte verlinken sie diesen Beitrag in ihrem Blog
Kurt Schwab: Linkkultur
Dominik Leitner: Zeig mir deine Links, und ich sag dir…
Heinz Peter Wallner: Ist Bloggen eine Kunst? Ein Beitrag zur Linkkultur
Susanne Mandl: Die Link-Kultur lebt. Sie wohnt nur woanders.
Frank Hübner: Moderne Linkkultur
Wolfgang Tonninger: Lasst uns nicht allein!
Martin Prechelmacher: To link or not to link…
Marcus Ambrosch: Qualität & Wertschätzung virtueller Wissensarbeit
Robert Lender: Blog Parade Linkkultur
Richard Haderer: Brauchst du Link?
Winfried Huber: Links, Zwo, Drei, Vier
Walter Krivanek: Link-Kultur
Anabella Lamprecht: Von einer Link Kultur zu Datawell
Andreas Lindinger: Frage zum Sonntag: Worunter leidet die Linkkultur in (grünen) Politikblogs?
Teresa Hammerl: freedom of opinion
Martin Sauer: Rettet die Trackbacks!
Ilda Osmancevic: Die Ära der Linkkulturbanausen?
Meral Akin-Hecke: Blogtail & Blogparade zur Linkkultur
Michaela Ambos: Das langsame Verschwinden der Verlinkungen
Armin Soyka: Mit 100.000 Klicks jemand werden
stefanmey.com/wordpress/?p=822 Stefan Mey: Where have all the Bloggers gone?
Manuel Gruber: Ey Mann, wo sind die Links?