Die Genese einer Chronik-Meldung

Heute war ein besch…eidener Tag für die Wien-PR. Der Standard warnte: „Wer in Österreichs Hauptstadt eine öffentliche Toilette besucht, muss oft mit dem Schlimmsten rechnen„. Der ORF schrieb: „Wiens WCs unter den dreckigsten in Europa“. Die Presse titelte „Wien unter Top-Ten der schmutzigsten öffentlichen WCs“, meinte aber dann doch nicht die ganze Stadt.

Irgenwie kamen mir diese Meldungen vertraut vor.

Eine der Nebenwirkungen dessen, dass ich diesen Blog hier schon eine ganz Weile lang betreibe, ist, dass meine E-Mailadresse auf dem einen oder anderen Presseverteiler gelandet ist. Das ist nicht unerwünscht. Ich habe dafür eine eigene E-Mailadresse eingerichtet.

Die meisten der E-Mails, die dort eintrudeln, sind Presseaussendungen von PR-Agenturen – und tendenziell eher uninteressant. Eine britische Uni schickt mir immer wieder Presseaussendungen über neue naturwissenschaftliche Erkenntnisse, komplett mit Sperrfrist. Meistens denke ich mir: „Schon nicht ganz uninteressant – aber sie können froh sein, wenn überhaupt jemand darüber schreibt“.

Eine ganze Menge von E-Mails kommt von einer Firma namens journalistic.org, die Teil einer Digital-PR-Agentur ist. Diese Firma hat sich offenbar darauf spezialisiert, Texte zu schreiben und Datenauswertungen zu generieren. Dann schreiben sie den Namen einer Firma drauf und verschicken das ganze als Presseaussendung. Das Ziel dürfte sein, so Backlinks und Aufmerksamkeit für die Firma zu generieren.

Einige Erkenntnisse aus deren Presseaussendungen:

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Zum Thema Kirchenaustritt

In letzter Zeit bietet die römisch-katholische Kirche wieder vielen Leuten einige Gründe, auszutreten. Da es zum Thema Kirchenaustritt in Österreich ein paar Gerüchte gibt, möchte ich hier die gesetzlichen Regelungen zusammenfassen und etwas dazu schreiben.

Das Gesetz, das den Austritt aus einer Kirche in Österreich regelt, wurde schon von Kaiser Franz Joseph erlassen und ist eines jener Gesetze, die von verschiedenen Reformen relativ unberührt gelassen wurden – abgesehen von einer Änderung 1939. Im Rechtsinformationssystem (RIS) ist es nicht ganz einfach zu finden: Gesetz vom 25. Mai 1868, wodurch die interconfessionellen Verhältnisse der Staatsbürger in den darin angegebenen Beziehungen geregelt werden.

Gesetz vom 25. Mai 1868, wodurch die interconfessionellen Verhältnisse der Staatsbürger in den darin angegebenen Beziehungen geregelt werden. Gültig für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder. Mit Zustimmung der beiden Häuser des Reichsrathes finde Ich das nachfolgende Gesetz, wodurch die interconfessionellen Verhältnisse der Staatsbürger in den darin angegebenen Beziehungen geregelt werden, zu erlassen.
Screenshot. Quelle: ÖNB ANNO

Hier ein Auszug daraus:

II. In Beziehung auf den Uebertritt von einer Kirche oder Religionsgenossenschaft zur anderen.

Artikel 4.

Nach vollendetem 14. Lebensjahre hat Jedermann ohne Unterschied des Geschlechtes die freie Wahl des Religionsbekenntnisses nach seiner eigenen Ueberzeugung und ist in dieser freien Wahl nöthigenfalls von der Behörde zu schützen. Derselbe darf sich jedoch zur Zeit der Wahl nicht in einem Geistes- oder Gemüthszustande befinden, welcher die eigene freie Ueberzeugung ausschließt.

Artikel 5.

Durch die Religionsveränderung gehen alle genossenschaftlichen Rechte der verlassenen Kirche oder Religionsgenossenschaft an den Ausgetretenen ebenso wie die Ansprüche dieses an jene verloren.

Artikel 6.

Damit jedoch der Austritt aus einer Kirche oder Religionsgenossenschaft seine gesetzliche Wirkung habe, muß der Austretende denselben der politischen Behörde melden, welche dem Vorsteher oder Seelsorger der verlassenen Kirche oder Religionsgenossenschaft die Anzeige übermittelt.

Den Eintritt in die neu gewählte Kirche oder Religionsgenossenschaft muß der Eintretende dem betreffenden Vorsteher oder Seelsorger persönlich erklären.

Wer also aus der Kirche austreten möchte, muss das der „politischen Behörde“ melden, die die Nachricht über den Austritt dann an die Kirche oder Religionsgemeinschaft übermittelt. Man musste also nicht dem Pfarrer erklären, dass man nicht an Gott glaubt.

Wie der Kirchenaustritt genau funktioniert, haben die Minister des Cultus und des Innern am 18. Jänner 1869 in einer Verordnung genauer festgelegt – und die stellt bemerkenswert wenige Anforderungen an die Austrittserklärung:

§. 1. Die zur Entgegennahme der Erklärung des Austrittes aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft berufene politische Behörde ist die k. k. politische Bezirksbehörde (Bezirkshauptmannschaft) des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Meldenden, und in jenen Städten, die eigene Gemeindestatute haben, die mit der politischen Amtsführung betraute Gemeindebehörde.

In Wien ist diese Behörde das Magistrat der Stadt Wien – man wendet sich also an das Magistratische Bezirksamt.

§. 2. Die Competenz der Behörde zur Entgegennahme der Austrittserklärung ist durch die österreichische Staatsbürgerschaft des Austretenden nicht bedingt.

§. 3. Die Meldung muß bei der Behörde mündlich zu Protokoll gegeben, oder in einem an diese gerichteten, mit der Unterschrift des Austretenden versehenen Schriftstücke niedergelegt sein, und jene Angaben enthalten, die nöthig sind, um zu beurtheilen, wem sie zu übermitteln sei.

Ist diesen Erfordernissen nicht entsprochen, so muß der Austretende zur Ergänzung des Fehlenden vorgeladen werden.

§. 4. Die Identität der Person des Anmeldenden, und ob derselbe das vierzehnte Lebensjahr zurückgelegt, und sich in dem erforderlichen Geistes- und Gemüthszustande befinde, hat die Behörde nur dann zu prüfen, wenn Umstände vorliegen, die gegründete Zweifel zu erregen geeignet sind.

§. 5. Die Austretenden sind von der, über ihre Anmeldung getroffenen Verfügung schriftlich zu verständigen. Die schriftliche Verständigung kann unterbleiben, wenn die Partei, deren Identität nachgewiesen ist, hierauf verzichtet, oder wenn die mündliche Verständigung ausreicht.

Für den Austritt muss man der Behörde also mitteilen, wer man ist und aus welcher Kirche oder Religionsgemeinschaft man austreten möchte. Vermutlich braucht die Behörde auch noch Geburtsdatum und die Adresse des Hauptwohnsitzes. Es ist sicher auch sinnvoll, einen Ausweis mitzubringen, es sei denn, man ist bei der Behörde wirklich gut persönlich bekannt.

Es wundert mich, dass die Stadt Wien und viele auf online-kuendigen.at gelistete Behörden auch den Taufschein, eine Kirchenbeitragsnummer, ein Schreiben der Kirchenbeitragsbehörde oder Ähnliches sehen möchten, denn dies ist weder im Gesetz von 1868 noch in der Verordnung von 1869 vorgesehen. Eigentlich sollte es der Behörde reichen, zu wissen, an welche Religionsgemeinschaft sie die Erklärung über den Austritt weitergeben muss.

In Wien ist der Austritt aus der Kirche jedenfalls ein Verwaltungsakt, der vielleicht fünf Minuten am Bezirksamt dauert. Ich habe das vor vielen Jahren hier im Blog beschrieben.

 

Disclaimer: Ich bin kein Jurist. Man möge also die Aussagen zu rechtlichen Themen in diesem Blogpost mit einer Portion Vorsicht genießen – ich kann für deren Richtigkeit nicht garantieren.

Arbeitest Du auf einer Bezirkshauptmannschaft oder auf einem Magistratischen Bezirksamt? Schreib mir, wie ihr Kirchenaustritte handhabt und warum.

Gurkerl.at Sackerl

Ausprobiert: gurkerl.at

Ich hab es an dieser Stelle schon vor ein paar Jahren geschrieben: Einkaufen nervt. Die Corona-Pandemie hat daran nichts geändert. Wenn ich aber ohnehin schon im Homeoffice sitze, habe ich erst recht keine Lust, mich auf den Weg in den Supermarkt zu machen, nur um dort dann festzustellen, dass das eine oder andere Produkt schon wieder ausverkauft ist.

Lebensmittel online bestellen ist auch nicht so toll, zumindest bei den beiden Platzhirschen Billa und Spar. Bei beiden ist es im Moment so, dass erst in ein paar Tagen ein Zeitfenster für die Lieferung verfügbar ist. Mit der Erfordernis, den Liefertermin ein paar Tage im Vorhinein festzulegen, habe ich kein Problem – wohl aber mit der Notwendigkeit, einige Tage im Vorhinein zu wissen, was ich brauchen werde. Obwohl die Waren bei den beiden Platzhirschen vermutlich frühestens am Vortag der Lieferung zusammengestellt werden, kann man eine einmal abgegebene Bestellung nicht ändern.

Auftritt Gurkerl.at. Der tschechische Lebensmittelzusteller ist neu in Wien, hat aber bereits in Prag und Budapest einiges an Erfahrung gesammelt. Diese Erfahrung merkt man dem Onlineshop an. Man kann beispielsweise Obst stückweise bestellen, ohne raten zu müssen, wie viel denn nun ein Apfel wiegt – abgerechnet wird dennoch nach Gewicht. Die Artikel sind gut kategorisiert und mit Herkunftsland und Zutaten beschrieben. An einzelnen Stellen ist die Kategorisierung nicht ganz logisch – monatelang haltbare Soja- oder Haferdrinks würde man eher nicht im „Kühlregal“ suchen, Kaffeebohnen nicht unbedingt unter „Getränke“. Manche lokale Hersteller werden im Shop besonders hervorgehoben und kurz präsentiert.

Gurkerl.at Sackerl

Die Herkunft merkt man dem Onlineshop nicht an – die Produkte sind durchwegs solche, die man auch in einem gut sortierten österreichischen Supermarkt finden könnte. Dabei dürfte man den Wienern ziemlich genau ins Einkaufswagerl geschaut haben – auch eher unscheinbare Produkte wie Ramsa-Senf oder die runden Oblaten für Kokosbusserl sind im Shop zu finden. Dazu kommt eine ansehnliche Auswahl lokaler Produkte, viele Bio-Produkte, einige Produkte in Pfandgebinden (auch z.B. Hülsenfrüchte) und eine Auswahl von Marks&Spencer aus England. Beim Kaffee sind neben den großen Herstellern gleich fünf verschiedene 3rd wave-Kaffeeröster vertreten. Die Auswahl an Bierspezialitäten (auch in Bio) ist größer als im Supermarkt. Daran erkennt man vielleicht doch den Einfluss der Tschechen. Nicht so toll ist, dass man in der Fleischabteilung die gewünschte Menge nicht frei wählen kann, sondern mit den vorhandenen Packungsgrößen Vorlieb nehmen muss. Dass ein online-Supermarkt-Startup aber nicht gleich eine eigene Fleischerei eröffnen wird, leuchtet auch ein.

Die angebotenen Lieferzeitfenster sind angenehmerweise jeweils nur eine Stunde lang. Für meine Bestellung am Freitag gegen 16:30 konnte ich schon das Lieferzeitfenster 20:00-21:00 am selben Tag wählen. Das finde ich voll in Ordnung. Falls man länger im Voraus bestellt, kann man Berichten zufolge später noch Artikel zur Bestellung hinzufügen. Die Lieferung ist bis Jahresende kostenlos. Der Mindestbestellwert beträgt 39€. Preislich liegt gurkerl.at ein bisschen über jenen Preisen, die man aus dem Supermarkt gewöhnt ist. Dazu kommt, dass der Shop keine billigen Eigenmarkenprodukte führt. Bezahlt werden kann per Kreditkarte online oder per Kredit- und Bankomatkarte bei der Zustellung.

Die Lieferung hat dann auch ganz problemlos funktioniert. Fünf Minuten vor dem Eintreffen des freundlichen Boten bekommt man ein nettes SMS als Vorwarnung. Die Waren sind nach Temperatur getrennt in stabilen Sackerln aus Recyclingpapier verpackt. So weit ich das beurteilen kann, wurde die Kühlkette eingehalten. Bei der Bestellung kann man wwählen, dass man den Lieferschein ausgedruckt bekommen möchte. Das hat nicht funktioniert – der Lieferschein dürfte irgendwo verschwunden sein. Egal-man findet ihn auch im Kundenkonto.

Wenn man möchte, kann man dem Boten auch Pfandgebinde mitgeben, deren Wert man dann in Form von „Credits“ am Kundenkonto erstattet bekommt, die man aber erst für den nächsten Einkauf einlösen kann. Diese Credits sind laut FAQ normalerweise nur einen Monat lang gültig, es sei denn, man bemüht sich beim Kundenservice um eine Verlängerung. Nicht sehr kundenfreundlich. Wer also eine größere Menge Leergut loswerden möchte, sollte sich überlegen, damit doch lieber zum Supermarkt zu gehen.

Fazit: Gurkerl.at hat einen beachtlichen Start hingelegt. Ob der Newcomer das Serviceniveau und die gerade noch moderaten Preise halten und dabei noch Gewinn machen kann, wird sich zeigen.

Mars in Opposition

Mars in Opposition

Am 11. Oktober ist die Wiener Gemeinderatswahl, aber wir wissen jetzt schon, wer am 14. Oktober in Opposition sein wird. Der Rote – der Mars.

Zwei Himmelskörper sind dann in Opposition zueinander, wenn sie – von einem dritten Himmelskörper aus betrachtet – einen Winkelabstand von 180° haben. Erraten: der zweite Himmelskörper ist in dem Fall die Sonne, der dritte die Erde. Das ist nicht die 100% exakte Definition, wer die haben möchte, kann auch unter „Syzygie“ nachschauen (und dabei auch ein echt gemeines Wort für Hangman lernen). Jedenfalls ist dann die Sonne auf der einen Seite der Erde, der Mars auf der anderen, sehr hell angeleuchtet und relativ nah. So nah, dass wir mit einem besseren Teleskop auf der Marsoberfläche Details wie zum Beispiel die südliche Polkappe sehen können. Die geringste Entfernung zur Sonne erreicht der Mars übrigens schon ein paar Tage davor: am 6. 10. ist er nur 62,1 Mio. km von der Erde entfernt. Zum Zeitpunkt der Opposition ist er dann schon eine knappe Million Kilometer weiter weg, aber das macht nicht viel. Jedenfalls ist der Mars den ganzen Monat über ein lohnendes Beobachtungsobjekt.

Der Zeitraum vor den Marsoppositionen wird auch gerne genützt, um Sonden zum Mars zu schicken: je näher der Mars ist, desto besser. Über ein paar dieser Missionen werde ich meinem nächsten VHS-Vortrag am 27.10. reden. Insbesondere geht es mir dabei darum, zu zeigen, wie – mit Hilfe welcher physikalischer Methoden und Messgeräte – man den Mars untersucht und welche Schlüsse man daraus ziehen kann.

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Komet NEOWISE

FAQ: Komet C/2020 F3 NEOWISE

Handyfoto von NEOWISE am Morgenhimmel des 11.7.

Kann ich den Kometen von Wien aus beobachten?
Ja, das ist mit freiem Auge möglich.

Wann kann ich den Kometen beobachten?
Grundsätzlich ist er in den nächsten Nächten die ganze Nacht über am Himmel. Die beste Zeit, um ihn zu beobachten, ist aber gegen Ende der nautischen Abenddämmerung (um ca. 22:30, evtl. auch schon vorher). In den nächsten Tagen kann man ihn auch noch kurz vor dem Beginn der Morgendämmerung beobachten.

Wie lange kann ich den Kometen NEOWISE noch beobachten?
Die Sichtbarkeit am Abend wird von der Position her bis Ende Juli besser, aber die Helligkeit des Kometen wird stark abnehmen. Es ist gut möglich, dass wir ihn Ende Juli nicht mehr mit freiem Auge sehen werden können.
Update 26.7.: Der Komet ist vom Stadtrand aus nicht mehr mit freiem Auge auszumachen, aber noch ein Objekt für Fernrohr oder Fernglas. Dazu muss man aber wissen, wo man ihn sucht.

In welche Himmelsrichtung muss ich schauen? Von wo aus kann ich den Kometen bobachten?
Der Komet steht am Abendhimmel zwischen Nordwest und Nord (Ende Juli: zwischen West und Nordwest) und am Morgenhimmel zwischen Nord und Nordost. Um ihn zu beobachten, muss man eine möglichst freie Sicht zum Nordhorizont haben, denn er steht auch zu den besten Beobachtungszeitpunkten nicht besonders hoch (maximal ca. 20°).
Beim Beobachten sollten keine hellen Lichtquellen (Straßenlaternen usw.) in der Nähe in Blickrichtung sein. Ein Fernglas kann hilfreich sein.
Update 26.7.: Die Morgensichtbarkeit ist quasi vorbei.

In welchem Sternbild ist der Komet zu finden? (Wo finde ich den Kometen auf einer Sternkarte/in einer App?
Neowise ist derzeit im Sternbild Luchs und wechselt am 18.7. in das Sternbild Großer Bär.

Meine Himmelssimulation/meine App zeigt mir NEOWISE ganz woanders oder gar nicht an. Was mache ich falsch?
Es gibt einen weiteren Kometen mit dem Namen NEOWISE, der schon vor ein paar Jahren entdeckt wurde. Daher sollte man beim Suchen möglichst die Bezeichnung C/2020 F3 verwenden.
Manche Programme zeigen den Kometen erst an, nachdem man die Bahndaten hineingeladen hat. Einige Apps können Kometen schlicht und einfach gar nicht anzeigen.

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