Ein Frontscheinwerfer und ein Rücklicht für ein Fahrrad.

Wie berechne ich die Helligkeit meines Fahrradscheinwerfers?

Die Hersteller geben bei Fahrradscheinwerfern die Helligkeit gerne in Lumen an. Der Gesetzgeber gibt die Lichtstärke in Candela an. So kann man zwischen den beiden Einheiten umrechnen.

Zuerst einmal ein Wort zu den rechtlichen Rahmenbedingungen. In der Fahrradverordnung steht folgendes:

Fahrräder müssen mit einem hellleuchtenden, mit dem Fahrrad fest verbundenen Scheinwerfer, der die Fahrbahn nach vorne mit weißem oder hellgelbem, ruhendem Licht mit einer Lichtstärke von mindestens 100 cd beleuchtet und mit einem roten Rücklicht mit einer Lichtstärke von mindestens 1 cd ausgerüstet sein. Bei Tageslicht und guter Sicht kann diese Ausrüstung entfallen.

§1 (4) Fahrradverordnung

Wir brauchen also für vorne einen Scheinwerfer mit einer Lichtstärke von mindestens 100 Candela (cd). Die Hersteller geben aber meistens den Lichtstrom in Lumen (lm) an. Der Unterschied zwischen diesen beiden Einheiten ist, dass die Lichtstärke angibt, wie viel Licht eine Lampe in eine gewisse Richtung abstrahlt, während der Lichtstrom ein Maß dafür ist, wie viel Licht die Lampe überhaupt abstrahlt1.

Raumwinkel abschätzen

Für die Umrechnung zwischen Lumen und Candela müssen wir wissen oder abschätzen, wie groß der Bereich ist, in den der Scheinwerfer leuchtet. Dass der Gesetzgeber hier Candela verwendet, kommt uns entgegen: wir müssen uns im Alltag keine Gedanken darüber machen, wie weit die angeleuchteten Objekte von uns entfernt sind, sondern es kommt nur auf den sogenannten Raumwinkel \Omega an.

Den Raumwinkel \Omega müssen wir aber zuerst einmal messen. Dazu lassen wir den Scheinwerfer in einem dunklen Raum möglichst frontal auf eine Wand leuchten und notieren uns den Abstand r zwischen dem Scheinwerfer und der Wand sowie die Größe des beleuchteten Flecks a \times b. Um uns das Leben einfacher zu machen, verwenden wir für a, b und r als Einheit Meter. (Wer es sich noch einfacher machen möchte, positioniert den Scheinwerfer in genau einem Meter Entfernung zur Wand.)

Den Raumwinkel \Omega des hell beleuchteten Flecks können wir dann folgendermaßen abschätzen2:

\Omega = (a \times b)/(r^2)

Lumen in Candela umrechnen

Wenn wir nun \Omega unseres Scheinwerfers kennen, können wir den Lichtstrom \Phi_v (in Lumen) in die Lichtstärke I_v (in Candela) umrechnen:

(\Phi_v)/(\Omega) = I_v

Wir können auch für \Omega einsetzen:

I_v = (\Phi_v \times r^2)/(a \times b)

Bei dieser Berechnung muss man noch berücksichtigen, dass ein gewisser Teil des Lichtstroms nicht in Richtung des hellsten Flecks geht – und das ist auch gut so, denn wir möchten ja auch von Autofahrern bemerkt werden, die sich von der Seite nähern. Der Teil des Lichtstroms, der für die Beleuchtung der Fahrbahn sorgt, ist also sicher etwas geringer.

Rechenbeispiel

Mein ziemlich heller, ziemlich gerichteter Fahrradscheinwerfer hat laut Hersteller einen Lichtstrom \Phi_v = 300 \mathrm{[lm]} und produziert in r = 1.2 \mathrm{[m]} Entfernung einen Lichtschein mit a \times b = 0.7 \mathrm{[m]} \times 0.5 \mathrm{[m]} = 0.35 \mathrm{[m^2]}. Damit ist der Raumwinkel \Omega = 0.24 und die Lichtstärke I_v = (300 \mathrm{[lm]})/(0.24) = 1250 \mathrm{[cd]}. Das ist sehr deutlich mehr als die vom Gesetzgeber geforderten 100 cd, und damit ist der Scheinwerfer hell genug.

Rücklicht

Beim Rücklicht schreibt die Fahrradverordnung eine Lichtstärke von 1 cd vor, gibt aber die Richtung nicht genau vor. Wenn das Rücklicht „nach hinten“ in alle Richtungen leuchtet, ist der Raumwinkel \Omega = 2\pi (das entspricht einer halben Kugeloberfläche). Der notwendige Lichtstrom ist dann \Phi_v = I_v \times \Omega = 1 \mathrm{[cd]} \times 2 \pi = 6.28 \mathrm{[lm]}. Das klingt nach wenig, aber man findet im Handel durchaus auch Rücklichter mit bloß 4 Lumen. Bei diesen muss man darauf achten, ob sie in einen etwas geringeren Raumwinkel strahlen.

Richtige Montage

Zu guter Letzt: Montiert eure Scheinwerfer bitte so, dass sie nicht blenden! Hier ist eine kurze Anleitung.


  1. In deutschen Onlineshops findet man oft Lampen mit Angaben in Lux. Physikalisch gesehen ist das eher Unsinn. Lux ist ein Maß für die Beleuchtungsstärke. Wenn sich ein Lichtstrom von einem Lumen gleichmäßig auf eine Fläche von einem Quadratmeter verteilt, ist diese mit einem Lux beleuchtet. In der Praxis ist die Beleuchtungsstärke daher vom Abstand zwischen der Lichtquelle und der beleuchteten Fläche abhängig. Damit ist Lux dafür geeignet, zum Beispiel im Arbeitsschutz anzugeben, wie hell ein Schreibtisch mindestens beleuchtet sein muss. Für die Spezifikation eines Fahrradscheinwerfers ist Lux ohne weitere Angaben ungeeignet. ↩︎
  2. Die gezeigte Berechnung des Raumwinkels ist eine Abschätzung, weil wir die beleuchtete Fläche eigentlich auf der Innenseite einer Kugel messen müssten, nicht auf einer flachen Wand. ↩︎