LHC läuft wieder

Der Large Hadron Collider des CERN läuft seit heute Nacht wieder, wie das CERN berichtet:

The LHC is on its way again. First beam of 2010 circulated in each direction by 04.10 CET.

Der LHC wird dann planmäßig 18-24 Monate lang mit einer Energie von 7 TeV (3,5TeV pro Beam) betrieben. Danach plant man eine längere Wartungsphase, um den Beschleuniger im Anschluss mit der vollen Energie von 14 TeV laufen zu lassen.

Bisher hatten die Zeitpläne der Großexperimente am CERN meistens eine Wartungsperiode im Winter vorgesehen. Da der LHC eine sehr aufwändige Kühlung hat und das Auftauen bzw. Abkühlen der Anlage verhältnismäßig lange dauert, hat man sich nun dafür entschieden, von diesem Plan abzuweichen.
(Der Grund dafür, die Wartungsperioden für den Winter zu planen, ist ein relativ einfacher: Wenn es kalt wird, drehen die Franzosen gerne ihre Elektroheizungen auf. Daher ist Strom an kalten Wintertagen eher teure Mangelware als im Überfluss vorhanden.)

Sicherlich werden auch jetzt wieder ein paar Medien das Wort „Weltuntergangsmaschine“ verwenden. Florian Freistetter von Scienceblogs hat schon vor einiger Zeit die wichtigsten Argumente gegen diese Befürchtungen zusammengefasst.

CERN: Could a lawsuit shut the LHC down?

Das britische Wissenschaftsmagazin New Scientist hat einen interessanten Kommentar eines amerikanischen Rechtswissenschaftlers zum Thema CERN.

In various countries, plaintiffs have sought court orders to halt the operation of the Large Hadron Collider at CERN near Geneva, Switzerland, with the most extraordinary of allegations: that the experiment may create a black hole that will devour the Earth.

Up until now, the various lawsuits filed against the LHC have faltered. But if the right kind of claim is filed in the proper court, a judge may soon have to face the question of whether an injunction might be needed to save the world.

Eine Besonderheit dieses Artikels ist, dass er die Frage aus einer rechtlichen Sicht betrachtet. Es stellt sich heraus, dass hier für das CERN einige potentielle Probleme lauern, die vollkommen unabhängig von der wissenschaftlichen Meinung sind.

Ein Richter, der abwägen müsste, ob er eine Außerbetriebnahme des LHC anordnet, hätte zum Beispiel große Probleme bei der Suche nach  einem sachkundigen Gutachter, der nicht befangen ist:

CERN employs half of the world’s particle physicists; the other half are their friends. All of them are anxiously awaiting data from the LHC to advance their field. The LHC is not just a particle physics experiment, it is the particle physics experiment.

CERN on trial: could a lawsuit shut the LHC down? – opinion – 23 February 2010 – New Scientist.

Rettet Österreichs CERN-Beteiligung

In einer beispiellosen Aktion plant „Wissenschaftsminister“ Dr. Johannes Hahn, die österreichische Beteiligung am europäischen Kernforschungszentrum CERN (Conseil Européen pour la Recherche Nucleaire) im Jahr 2010 zu beenden. Dabei könnte man heuer das 50-Jahr-Jubiläum der österreichischen Mitgliedschaft am CERN feiern. Seit Österreichs Beitritt erhielten Forscher des CERN vier Nobelpreise, an zumindest einem waren Österreicher beiteiligt. Das World Wide Web wurde ebenso am CERN entwickelt, quasi als Nebenprodukt der Wissenschaft.

Der Grund für Österreichs Austritt? Das Budget. Österreich gibt irgendwo zwischen 16 und 20 Millionen Euro jährlich für die Teilnahme am CERN aus. Das ist ein nur ein ganz geringer Teil des österreichischen Wissenschaftbudgets (0,47%), wie man leicht sieht entspricht es ungefähr dem Gegenwert einer Tasse Kaffee pro Staatsbürger und Jahr. Dass das Ministerium betont, die CERN-Mitgliedschaft mache einen großen Teil der für die Beteiligung an internationalen Forschungseinrichtungen vorgesehenen Budgetmittel aus, bedeutet eigentlich auch nur, dass dieser „Topf“ eher ein „Töpfchen“ ist.

Peinlich ist dieser Austritt aber auch aus anderen Gründen. Das CERN ist auf dem besten Weg, den Large Hadron Collider erneut in Betrieb zu nehmen und ist ein paar Monate davon entfernt, die teuersten und vermutlich wichtigsten Messungen seiner Geschichte zu machen; Experimente, auf die Jahrzehnte lang hingearbeitet wurde. In diesem Zusammenhang möchte Österreich nun austreten. Finanziell wird das dem CERN wahrscheinlich eher weniger schaden, wenn man bedenkt, dass der LHC insgesamt zwischen 3,2 und 6,4 Milliarden Euro kostet und am CERN noch viele andere kleinere Experimente laufen. Laut verschiedenen Angaben wird ein großer Teil des österreichischen Beitrags dazu verwendet, um die ca. 170 österreichischen Wissenschaftler in Genf zu bezahlen. Für sie, und für die österreichischen Dissertanten am CERN, wird die Sache unangenehm. Besonders unangenehm fürs CERN wäre es aber, wenn sich nun andere Länder, die weitaus höhere Beiträge leisten, dazu entscheiden, die Wirtschaftskrise zum populistischen Sparen auszunützen. Es ist peinlich, dass Österreich dafür der Auslöser ist. Man sollte sich schämen, das erste Land seit 40 Jahren zu sein, das aus dem CERN austritt (Jugoslawien trat 1961 aus, Spanien trat 1969 aus und ist seit 1983 wieder dabei).

Ich hab’s allerdings satt, mich für die österreichische Politik fremdschämen zu müssen. Tun wir was dagegen! Einige Mitglieder des Fachausschusses Kern- und Teilchenphysik (FAKT) der
Österreichischen Physikalischen Gesellschaft (ÖPG) haben auf sos.teilchen.at eine Menge an Statements bekannter nationaler und internationaler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammengetragen.
Das ist praktisch, denn aus diesen Stellungnahmen kann man gut zitieren, wenn man Briefe an die zuständigen Regierungsmitglieder schickt. Am besten wäre es, jeder von uns schreibt

  • Wissenschaftsminister Dr. Johannes Hahn (ÖVP)
  • Finanzminister Dipl.-Ing. Josef Pröll (ÖVP)
  • Bundeskanzler Werner Faymann (ÖVP)
  • und vielleicht auch gleich den Wissenschaftssprechern der Parteien, den Mitgliedern des Wissenschaftsausschusses des Parlaments, etc.

Die Crux dabei: je mehr Arbeit die Mitarbeiter mit dem Bearbeiten von Briefen und e-mails haben, desto eher werden sie auf die darin vertretenen Anliegen aufmerksam.

Außerdem möchte ich euch nahelegen, die Petition auf der Seite virtuell mit Namen und e-Mailadresse zu unterzeichnen.

Für all jene, die ohnehin schon der Meinung sind, sie leben oder forschen in einer Bananenrepublik, hab ich auch noch eine Kleinigkeit: passende T-Shirts. Link.

Korrektur: Die Petition stammt nicht vom Institut für Hochenergiephysik der österreichischen Akademie der Wissenschaften sondern vom FAKT der ÖPG. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften hat ein eigenes Informationsangebot hier.