Das Nokia Lumia 800 im Langzeittest

Das Nokia Lumia 800 im Langzeittest

Dank Nokia habe ich die Gelegenheit, das Lumia 800 auf längere Zeit zu testen. Hier ist mein Testbericht, an dem ich in nächster Zeit sicher noch das eine oder andere ändern werde:

Die Hardware.

Kann sich sehen lassen! Das Lumia 800 bietet ein stimmiges Gesamtpaket–die einzelnen Hardwarekomponenten sind gut aufeinander abgestimmt und passen auch zur Software.

Lange Zeit haben sich einige Handymodellinien weniger durch die inneren Werte und mehr durch ihr Aussehen abgegrenzt. Bevor Apple noch an das iPhone mit seinem großen Zubehörmarkt dachte, konnte man Wechselcovers in allen möglichen Farben für Nokias Geräte kaufen. Es ist angenehm zu sehen, dass die Handywelt wieder ein bisschen bunter wird.

Das Polycarbonatgehäuse des Lumia 800 ist wie aus einem Guss, fühlt sich sehr hochwertig an und weist keinerlei Nahtstellen auf. Mit in der Box ist eine gut sitzende Schutzhülle mit einer leicht griffigen Oberfläche.  Eine sehr gute Idee! Die Hülle schützt das Handy vor kleineren Stößen und fühlt sich wie ein integraler Bestandteil des Geräts an.

Das 3,7″-AMOLEDDisplay ist ausgesprochen leuchtkräftig und hat ein auffallend tiefes Schwarz. Die Auflösung ist mit 480×800 Pixeln auf 3,7 Zoll Diagonale in Ordnung, allerdings erkennt man, wenn man sehr genau hinsieht, einzelne Pixel. Das Display verfügt über eine automatische Helligkeitsanpassung, die gut funktioniert, aber bei Bedarf auch deaktiviert werden kann. Da das AMOLED-Display für die Anzeige heller Pixel mehr Strom benötigt, sollte man im Hauptmenü und in den Anwendungen nach Möglichkeit einen dunklen Hintergrund einstellen.

Auf der rechten Seite befinden sich zwei Tasten zur Regelung der Lautstärke, die Ein-Aus-Taste und der Auslöser für die Kamera. Ein hardwareseitiges Schmankerl ist die Tatsache, dass die Kamerataste so wie der Auslöser eines Fotoapparats funktioniert: wird sie leicht gedrückt, stellt die Kamera scharf. Die 8-Megapixel-Kamera verfügt über ein Tessar-Objektiv von Carl Zeiss und einen LED-Blitz und macht recht gute Fotos.

Die inneren Werte. 16 GB Speicher, Beschleunigungssensor, Kompass und GPS dürfen nicht fehlen, NFC schon, da das in Windows Phone 7.5 Mango noch nicht unterstützt wird. Der FM-Empfänger funktioniert gut und empfängt sogar Sendernamen und zusätzliche Informationen über RDS, allerdings muss man ein Paar Kopfhörer oder ein Headset als Antenne anstecken.

Die Software.

Das Metro-Userinterface ist recht gut. Wer möchte, kann ein paar Aspekte des Interface in einem Online-Simulator ausprobieren. Die Idee, einen Hauptbildschirm mit großen Kacheln (Tiles) zu haben, die auch aktuelle Informationen anzeigen können, finde ich toll. Während Apples iOS mit seinen Ordnern und Icons noch an der Desktop-Metapher der 80er-Jahre hängt, probiert Microsoft mit Metro etwas Neues aus. Praktisch ist, dass man auch Dinge, die keine Apps sind, als Kacheln auf den Hauptbildschirm „pinnen“ kann–zum Beispiel Office-Dokumente, Websites, Kontakte, Foursquare-Orte, Stadtpläne, Fahrplaninfos, aktuelle Wetterdaten, Teletextseiten (nicht, dass ich den noch verwende) und viele weitere App-spezifische Dinge.

Zur Liste aller Apps gelangt man, indem man am Hauptbildschirm von rechts nach links wischt. Die Liste ist alphabetisch sortiert und man hat–so wie bei quasi allen Listen am Windows Phone–die Möglichkeit, schnell zu einem Buchstaben zu springen. Hier würde ich mir eine Möglichkeit wünschen, die Apps nach eigenem Gutdünken in einer Baumstruktur (oder in Ordnern) ablegen zu können. Wenn man mal–so wie viele iPhone-User–mehrere hundert Apps am Gerät hat, kann man sich unter Umständen nicht an den Namen der App, die man gerade sucht, erinnern–daher würde ich die Apps gerne thematisch ordnen.

Die Basisfunktionen.

Ja, man kann mit dem Gerät telefonieren. Das Gerät lässt sich leicht mit Google Mail, Windows Live, Facebook, Twitter und ein paar anderen Internetdiensten verbinden. Das hat den angenehmen Effekt, dass man die Kontakte sehr einfach am Computer verwalten kann. Nachrichten aus dem Facebook-Chat werden dabei so behandelt wie SMS und in der Konktakte-App scheinen auch die neuesten Facebook-Posts der Person auf. Mit „falschen“ Namen kommt das System auch gut zurecht-man verknüpft einfach den Decknamen mit dem richtigen Kontakt.

Emails und World Wide Web

Der Email-Client funktioniert ohne gröbere Probleme. Zum Surfen gibt’s den Internet Explorer. Ich habe den mobilen IE bei einem Test der Browserkompatibilität gegen seinen größeren Bruder am Desktop-PC antreten lassen und war erstaunt darüber, dass die beiden exakt die gleiche Punktezahl erreichten. Im Großen und Ganzen funktioniert der IE auf dem Gerät gut. Auf Seiten mit vielen großen Bildern (z.B. boston.coms The Big Picture) bekommt er aber Probleme.

Nokia Navigation

Nokia liefert mit dem Gerät seine eigene Navigationssoftware aus, die nicht ganz den Funktionsumfang von aktuellen Navigationsgeräten hat, aber gut funktioniert. Bei den Tests in Wien geleitete mich die App sprachgesteuert sicher und auf guten Routen zum Ziel. Falls man sich dazu entscheidet, anders zu fahren, bemerkt das die Software quasi sofort und hat dann auch gleich eine neue Route parat. Dass die App im Test an einer Stelle ein Abbiegeverbot an Werktagen zwischen 5 Uhr und 21 Uhr ignoriert hat, sei ihr verziehen. Eine Auflistung von POIs (point of interest, z.B. Tankstellen) gibt es nicht, man kann aber fast jedes Geschäft oder jede Adresse einfach über die Suchfunktion finden. Eine Möglichkeit, die Adresse direkt aus den Kontakten zu übernehmen, gibt es leider nicht. Auf Wunsch kann man auch einen Warnton einstellen, der ertönt, sobald man die Geschwindigkeitsbeschränkung um einen (ebenfalls einstellbaren) bestimmten Wert überschreitet. Um beim Datenverkehr zu sparen kann man die Straßenkarten mehrerer Länder oder Regionen auf dem Gerät speichern. Außerdem kann man zwischen männlicher und weiblicher Stimme wählen.

Nokia Karten und Bing Karten

Die beiden mitgelieferten Kartenprogramme bieten Fußgängernavigation, Straßenkarten und Satellitenbilder an, kommen aber insgesamt nicht ganz an die Funktionalität von Google Maps (für iOS und Android) heran. Ein witziges Feature ist, dass Nokia Maps auch POIs in der Nähe samt Bewertungen von Qype und Lonely Planet anzeigen kann. Ärgerlich dagegen ist, dass Nokia sowohl in der Karten- als auch in der Navigationsapp alle Straßennamen falsch, nämlich mit ss statt ß, schreibt. Die Möglichkeit, Karten herunterzuladen, fehlt leider.

Was leider nicht (gut) funktioniert:

Kalender abonnieren. Windows Phone 7 übernimmt zwar die (Haupt-)Kalender von Windows Live, Facebook und Google Mail (und anderen), aber es ist offenbar nicht möglich, direkt am Gerät einen Kalender per iCal-Feed zu abonnieren. Auch die Kalender, die man in Google Calendar abonniert hat, scheinen am Gerät nicht auf. Man kann allerdings Kalender (mit iCal-Feeds) in Windows Live abonnieren, die dann auch auf dem Telefon aufscheinen. Das ist eine geeignete Lösung. Das Gerät unterscheidet auch, ob man bei Facebook-Events auf „Teilnehmen“, „Vielleicht“ oder „Absage“ geklickt hat.

VPNs. Wenn man einen öffentlichen Hotspot nützt, sollte man sicherheitshalber die Verbindung per VPN verschlüsseln. Windows Phone 7 kann das nicht.

Mehrere Lautstärkeprofile und Klingeltonprofile. Die Lautstärke lässt sich von 0 bis 30 verstellen, Vibration ist immer dabei.

Bilder, die bei schlechten Lichtverhältnissen aufgenommen werden, sind rund um die Bildmitte leicht rötlicher als am Rand.

Suche nach Daten am Handy. Rechts unter dem Bildschirm befindet sich der Suche-Knopf. Damit kann man aber nur mit Hilfe von Bing im Internet suchen. Eine Suche „auf dem Gerät“, wie beispielsweise am iPhone möglich, habe ich noch nicht gefunden. Außerdem hätte ich gerne eine Möglichkeit, dem Knopf eine andere Bedeutung zuzuweisen.

Skype im Hintergrund. Das dürfte sich aber bald ändern. Die derzeit erhältliche Betaversion 0.2.0.1 von Skype lässt sich nicht im Hintergrund ausführen und ist daher zum Chatten relativ nutzlos. Außerdem wäre es sicher für Skype-Fans angenehm, wenn Skype direkt ins System integriert werden könnte.

Die Zwischenablage ist vergesslich. Sobald das Gerät in den Standby-Modus wechselt, ist der Inhalt der Zwischenablage weg.

Screenshots. Die Möglichkeit, Screenshots zu machen, ist zwar nicht über die Maßen wichtig, aber sie geht mir dennoch ab.

Twitter-Notifications ohne App. Facebook und Twitter sind recht gut ins System integriert. Wenn man per Facebook angechattet wird, macht sich das Handy bemerkbar. Bei Twitter ist das leider nicht der Fall, es sei denn, man installiert eine separate App. Meedoh hat sich als recht brauchbar erwiesen.

Die Bedienbarkeit von Windows Live im Web. Leider ist der Dienst ziemlich unübersichtlich, was damit zusammenhängen mag, dass man hierfür ein paar verschiedene, miteinander bestehende Dienste kombiniert hat.

Was gut funktioniert:

SkyDrive. Microsofts Antwort auf Google Docs und Dropbox.

Fotos sharen. Auf Knopfdruck kann man Fotos und Videos direkt aus der Bildergalerie zu Facebook, Twitter oder sonstwohin schicken. Dabei werden die Fotos auf Wunsch automatisch in einen Ordner auf dem SkyDrive geladen.

XBOX Live. Wer gerne XBOX Live verwendet, findet ein paar der Funktionen auch auf dem Handy.

Das System selbst ist sehr stabil. In den paar Wochen musste ich das Handy kein einziges Mal zurücksetzen. Auch die Apps hängen sich extrem viel seltener auf als unter iOS.

 

Toshiba AC100

Toshiba AC100 Review

Vor einigen Tagen hatte ich die Gelegenheit, im Rahmen des BarCamp Vienna das Toshiba AC100 ein kurzes Wochenende lang zu testen. Hier der Testbericht.

Toshiba selbst bezeichnet das AC100 als Cloud Companion, ich würde eher Webbook oder Netbook dazu sagen. Die Besonderheit des AC100 ist es, dass auf dem Gerät kein gewöhnliches Betriebssystem zum Einsatz kommt, sondern das hauptsächlich von Google für Smartphones entwickelte Android OS. Der Hersteller meint, das AC100 sei „funktional wie ein Smartphone, bequem zu bedienen wie ein Netbook„.

Toshiba AC100
Toshiba AC100 bei der Morgengymnastik

Hardware

Unter der Haube des AC100 werkelt ein NVIDIA Tegra Mobile Web Prozessor, der sich praktischerweise auch gleich um die Grafik kümmert-schließlich ist das ja jenes Gebiet, in dem NVIDIA brilliert. Zu den inneren Werten gehören auch 512 MB Arbeitsspeicher und eine 8GB große Solid State Disk.

Die Hardware ist durchaus ansprechend. Beim ersten Griff fällt auf, wie leicht und dünn das AC100 ist. Das ganze Gerät bringt magere 870g auf die Waage und ist mit 26,2 x 19 x 1,4-2,1 cm kleiner als ein A4-Blatt. Das rautenförmige Muster auf der Oberseite greift sich angenehm an und zieht im Gegensatz zu den glänzenden Lackierungen anderer Netbooks Kratzer nicht magisch an. Kleine Spaltmaße zeugen von einer sehr guten Verarbeitung.

Toshiba hat dem AC100 eine deutsche Tastatur mit angenehmem Tippgefühl verpasst, bei der aber leider die rechte Umschalttaste zu klein geraten ist und die Caret-Taste (^) einen Platz neben der Leertaste eingenommen hat. In der obersten Tastenreihe stößt man statt auf F-Tasten auf seltsame Symbole.
Die Maus wird über ein kleines Trackpad gesteuert.

Die Akkulaufzeit wird vom Hersteller mit „bis zu 8 Stunden“ angegeben, dies konnte ich nicht testen. Erfreulich ist es, dass das Gerät sehr schnell in den Standby-Modus wechseln kann und auch sehr schnell wieder aufwacht. Auch das Hochfahren geht dank SSD extrem flott vor sich.

Das AC100 kann mit einem 25,7 cm (10,1″) großen 16:9-Display mit 1024 x 600 Pixel aufwarten. Angesichts der Größe ist die Auflösung in Ordnung. Die glänzende Bildschirmoberfläche stört mich nicht. An der oberen Kante des Displays befindet sich eine  Webcam, deren Bildqualität allerdings äußerst enttäuschend ist.

Für den Sound sorgen zwei kleine Lautsprecher, die an der Unterseite des Geräts angebracht sind und dieses bei voller Lautstärke ordentlich zum Vibrieren bringen. Die Tonqualität entspricht den Erwartungen, die man an ein kleines Notebook stellt: nicht ganz grauslich, aber auch nicht exzellent.

Anschlussfreudig zeigt sich das AC100 mittels eines USB-Ports, eines Mini-USB-Anschlusses (zum Verbinden mit einem PC), eines SD-Card-Slots und einem bei diesen Geräten seltenen HDMI-Anschluss für Bildschirme und Fernsehgeräte. In der getesteten, teureren Version findet noch zusätzlich eine SIM-Karte für den mobilen Internetzugang Platz. Die Tatsache, dass das Ding nur einen USB-Port hat, stört mich nicht; wer aber gerne eine Maus und einen USB-Stick gleichzeitig verwenden möchte, muss einen USB-Hub verwenden.

Im Test ist mir überraschend positiv aufgefallen, dass das AC100 direkt vom USB-Stick Full-HD-Videos ruckelfrei abspielen kann, etwas, das ein um einiges leistungsstärkeres Netbook von Dell nicht schaffte.

Betriebssystem und Software

Das Betriebssystem Android und Toshibas Anpassungen an das Netbook können leider der tollen Hardware nicht gerecht. Es wird an vielen Stellen offensichtlich, dass das System für die Bedienung per Touchscreen und vier Tasten auf einem Smartphone mit einem vergleichsweise kleinen Bildschirm entwickelt wurde. Dadurch sind viele Dinge unnötig kompliziert zu bedienen. Beispielsweise muss man in Opera (Browser) zuerst mühsam mit der Maus auf einen Knopf klicken bevor man eine Liste der offenen Browser-Tabs sehen kann, obwohl der Bildschirm genug Platz für eine Auflistung der offenen Tabs böte. Auf der anderen Seite gibt es einige Dinge, die man ausschließlich per Tastatur tun kann (Zurück, Home, Übersicht, …). Besonders nervig ist die Tatsache, dass man nicht mittels der Tabulatortaste zwischen Formularfeldern springen kann.

Toshiba hat das Gerät mit der Möglichkeit versehen, Apps aus dem Camangi Market herunterzuladen, der auf Apps für Android Tablets spezialisiert ist und derzeit nur eine sehr kleine Auswahl an Software hat. Insbesondere glaube ich, dass man sich dabei schwer tun wird, einen voll funktionsfähigen Editor für Microsoft Office- und OpenOffice/LibreOffice zu finden. Nichtmal Firefox ist im Camangi Market vertreten. Der gewöhnliche Android Market ist für das AC100 laut anderen Reviews nicht zugänglich, das konnte ich aber in der begrenzten Zeit nicht testen.

Der Internetzugang über das 3G-Mobilnetz funktioniert gut, allerdings fragt das Gerät jedes Mal, wenn es aus dem Standby geweckt wird, nach dem PIN. Beim Surfen stört der mobile Browser, der unter anderem auch nicht mit der Anmeldung bei Twitter zurecht kam.

Ubuntu auf dem AC100?

Gerwin Sturm hat dem Gerät auf dem BarCamp einen neuen Bootloader verpasst und Ubuntu Netbook Edition von einer SD-Card aus gebootet. Ubuntu erweist sich als ressourcenhungriger und läuft daher nicht so schnell wie Android, ist aber durchaus brauchbar, wenn man davon absieht, dass derzeit noch keine Soundtreiber verfügbar sind. Ein „leichteres“ linuxbasiertes Betriebssystem mit einem einfachen Window Manager wäre sicher eine bessere Wahl als Android.

Fazit

Toshibas HardwaredesignerInnen haben ganze Arbeit geleistet und ein Gerät entworfen, das leicht, ausdauernd und angenehm zu verwenden ist. Die Softwareleute haben Android draufgespielt und gehofft, dass niemand draufkommt, wie schlecht es passt.

Links

Danke an

Bild: Toshiba Deutschland

PS: Ich habe eines der 10 im Test verwendeten AC100 gewonnen. Dieses wird also nicht mein letzter Post zu diesem Thema sein!