Microsoft hat mir die Gelegenheit gegeben, das neue Surface Pro Tablet einige Tage lang zu testen. Ein Bericht.
Die Hardware
Zuallererst: Das Surface Pro Tablet hat mit anderen Tablets wie zum Beispiel dem iPad, den diversen Android-Tablets und dem Surface RT in puncto Hardware nicht viel gemeinsam. Das Surface Pro ist ein Laptop in Form eines Tablets: ordentlicher Prozessor, toller Bildschirm, viel Speicherplatz (64 oder 128GB), 4 GB RAM und einem 3rd Gen Intel Core i5-Prozessor. Man könnte es auch als einen Wolf im Schafspelz bezeichnen: hinter der Fassade eines Tablets versteckt sich ein recht leistungsfähiger Rechner, der alles das kann, was man sich auch von einem kleinen Laptop erwartet. Im Vergleich mit Laptops fällt die recht puritanische Ausstattung mit Anschlüssen auf: USB 3, 3,5mm Klinkenstecker für Audio, Mini-DisplayPort, MicroSD-Karte und je ein Anschluss für die Covers und den Strom.
Das Surface Pro bringt jene Sensoren mit, die man sich von einem Tablet erwartet: je eine 720p-Kamera vorne und hinten, Beschleunigungssensor, Gyroscope und Kompass. Ein GSM-Modul ist leider nicht integriert.
Der 10,6″-Bildschirm hat 1920×1080 Pixel und ein tolles, leuchtkräftiges, fast nicht blickwinkelabhängiges Bild. Das Gehäuse aus „VaporMg“ ist leicht, angenehm anzugreifen und hinterlässt einen sehr soliden Eindruck.
Der Stift
Einer der Aspekte, auf die ich mich schon gefreut habe, ist die Möglichkeit, das Tablet nicht nur per Touchpad und Touch-Display, sondern auch per Stift zu bedienen. Das Konzept und die Technik dahinter ist nicht ganz neu. Microsoft hat schon vor einem Jahrzehnt mit Hardwareherstellern die ersten „Tablet PCs“ auf den Markt gebracht. Seitdem unterstützt Windows die Eingabe per Stift inklusive Handschrifterkennung. So richtig durchgesetzt haben sich die Tablet PCs nie, was aber auch daran liegen mag, dass sie teurer als vergleichbare Notebooks waren.
So weit, so gut. In der Packung liegt nun ein schwarzer Stift mit einer vorderen Spitze in blau, einer Taste und einem „Radiergummi“ an anderen Ende. Der Stift ist passiv, das heißt, er benötigt im Gegensatz zu manchen anderen Tablet-Stiften keine eigene Stromversorgung. Das Tablet erkennt die Spitze des Stifts bereits dann, wenn man den Stift zwei bis drei Zentimeter über der Bildschirmoberfläche hält. Die Maus wird durch schlichtes Hinzeigen geführt; wenn die Spitze des Stifts das Tablet berührt, zählt das als Klick. Grafiker kennen das von ihren Grafiktabletts. Solange das Tablet den Stift erkennt, ignoriert es die Signale des Touchscreens. Dadurch kann man die Hand auflegen und auf dem Tablet so schreiben, wie man es auch auf Papier tut.
Die Covers, Tastaturen und der Klappständer
Um das Gerät als eine Art Laptop verwenden zu können, kann man eines von zwei „Covers“ mit einem magnetischen Verschluss an der unteren Längsseite befestigen. Im Surface Pro ist ein ausklappbarer, stabiler Ständer integriert. Die Covers sind in zwei Varianten und unterschiedlichen Farben erhältlich. Beide Covers enthalten eine Tastatur und ein Touchpad mit Maustasten. Das Touch-Cover ist dünner, hat eine stoffartige, raue Oberfläche und eine Tastatur ohne Tastenhub, das etwas dickere Type-Cover eine Tastatur mit Tastenhub, innen eine Kunststoffoberfläche und außen (unten) eine Art Filz.
Mich persönlich hat das Type-Cover zuerst mehr angesprochen. Es hat sich aber schnell herausgestellt, dass die Tastatur kein angenehmes Schreibgefühl bietet und zu viele Tastendrücke nicht verlässlich erkennt. Wer mit dem Surface Pro längere Texte schreiben möchte, sollte eine andere, „echte“ Tastatur verwenden oder abwarten, ob Microsoft nachbessert. Ich habe dann in der Folge das Touch-Cover verwendet: es ist dünner und zum Tippen von ein paar E-Mails reicht es allemal. Leider ist der Klappständer so gestaltet, dass der Winkel des Tablets nicht verändert werden kann.
Der Akku
Nun, der Akku ist jener Teil des Surface Pro, der mich nicht vollends überzeugt hat. Bei mäßiger Nutzung (Internetsurfen, das eine oder andere YouTube-Video) hält der Akku geschätzte vier Stunden, wenn das Tablet nicht im Energiesparmodus, sondern in dem vorkonfigurierten Energieprofil Ausgeglichen betrieben wird. Zum Glück ist das Ladegerät nicht allzu groß. Wenn man das Gerät intensiv verwendet, merkt man, dass es an der Rückseite angenehm warm wird–ein Zeichen dafür, dass die hier verbauten Komponenten eben doch ein wenig mehr Energie verbrauchen als die in iPads, dafür aber auch mehr leisten. Dieser Tatsache trugen die Designer auch mittels einer aktiven Kühlung mit Luftschlitzen und einem (?) fast unhörbaren Ventilator Rechnung.
Die Software
Auf dem Surface Pro läuft ein komplettes Windows 8-System. Damit kann man nicht nur die für Windows 8 optimierten Apps aus Microsofts Store verwenden, sondern die meisten je für irgendein PC-Betriebssystem von Microsoft programmierten Anwendungen. Die Windows 8-Benutzeroberfläche mit ihren Kacheln und großen Bedienelementen, sowie die Windows 8-Apps, lassen sich perfekt per Finger bedienen, während der klassische Windows-Desktop und die „klassischen“ Anwendungen die gewohnten kleinen Bedienelemente haben, die sich mit dem Stift oder der Maus (Trackpad in der Tastatur) besser bedienen lassen.
Die Nutzung
Im Großen und Ganzen ist das Gerät angenehm zu verwenden. Bei Meetings, in Vorlesungen und Vorträgen kann man das Surface Pro liegend verwenden und damit den Eindruck vermeiden, sich hinter dem Bildschirm zu verstecken. Beim Mitschreiben erweist es sich als praktisch, dass man Skizzen, Formeln und Diagramme direkt auf den Bildschirm zeichnen kann. Für einige Anwendungen im Berufsalltag ist es sicher praktisch, dass man das Surface Pro wie ein Klemmbrett in der Hand halten und bedienen kann. Im Kaffeehaus ist das Gerät eine leistungsfähigere Alternative zum iPad oder Android-Tablet und eine elegantere Alternative zum Laptop.
Wenn man das Surface Pro als Notebook mit Tastatur verwenden möchte, ist man auf einen Tisch angewiesen. Sobald man das Gerät anders, zum Beispiel auf der Wohnzimmercouch, verwendet, kommen zwingend der Stift oder die Finger zum Einsatz. Im Büroalltag wird man sich aber wohl dazu entscheiden, einen größeren Bildschirm anzuschließen.
Was sagen die anderen?
In einer total unobjektiven Testreihe habe ich das Surface Pro ein paar Freunden in die Hand gedrückt und sie um ihre Rückmeldungen gebeten. Alle von ihnen haben angemerkt, das Surface Pro sei recht schwer. Mit seinen rund 900g ist es um ca. 50% schwerer als ein aktuelles iPad oder auch Microsofts Surface RT Tablet. Dass es leistungsfähiger ist, sieht man ihm nicht auf den ersten Blick an. Ein Notebook in Form eines Tablets muss sich aus der Sicht einiger Konsumenten eben auch in puncto Masse mit einem Tablet messen können.
Die Möglichkeit, mit dem Stift zeichnen zu können, gefällt so ziemlich allen und auch die Handschrifterkennung beeindruckt.
Fazit
Microsoft führt mit dem Surface Pro eine neue Art von Geräten zwischen Tablets und Laptops ein, die einige Vorteile und ein paar Nachteile beider anderer Arten auf sich vereint. Wer versucht, im Surface Pro ein reines Tablet oder einen reinen Laptop zu sehen, läuft Gefahr, die Vorteile dieser neuen Generation von Tablet-PCs zu übersehen. Wir haben uns in den letzten Jahren darauf eingestellt, Dinge auf eine Art und Weise mit einem Laptop und andere Dinge anders mit einem Tablet zu tun. Das Surface Pro bietet die Chance und Herausforderung, dies zu ändern.
Ein schöner Bericht, der kurz und knapp die brennendsten Fragen zum Thema Surface Pro beantwortet und einen schönen Ersteindruck darüber verschafft, in welche Sparte das Gerät am besten einzuordnen ist.
Danke! 🙂
Was ich noch vergessen habe…
..und noch erwähnenswert wäre, dass das Surface Pro einen Wacom Digitizer besitzt und der Stift 256 Druckstufen unterstützt. Das macht dieses Stück Technik gleich nochmal interessanter für alle, die vielleicht aus der Grafiker-Ecke kommen oder auch gern mal das Eine oder Andere auf dem Surface Pro zeichnen möchten. Es gibt auf Youtube sogar ein kurzes Vergleichsvideo zwischen dem Wacom Cintiq22 und dem Surface Pro. Einfach mal entsprechend googeln 😉
Danke für das Lob!
Das ist ein guter Punkt, denn die Stifte des Surface Pro und von Wacom-Grafiktabletts sind bei weitem angenehmer zu verwenden und genauer als jene „ich simuliere einen Finger“-Stifte mit Gumminippel statt Spitze, die man für herkömmliche Touchscreens kaufen kann, und die dann natürlich keine Druckstufen unterstützen. Auf dem Foto kann man, wenn man genau hinsieht, erkennen, dass auch OneNote die Dicke der Linien je nach Druck ändert (natürlich sinnvollerweise in einem geringeren Ausmaß als das ein Malprogramm tun würde).
Hallo,
sehr interessanter Bericht!
Kannst du mir konkret sagen, mit welchem Programm und welcher Stiftart (Art, Breite,…) du die handschriftlichen Notizen gemacht hast?
Danke
Viele Grüße, Mars
Hallo und sorry für die Verzögerung!
Bei dem Programm handelt es sich um Microsoft OneNote. Stiftart etc. weiß ich nicht mehr.
LG, Dan
Pingback: Microsoft Surface Pro 3 im Test