Rettet Österreichs CERN-Beteiligung

In einer beispiellosen Aktion plant „Wissenschaftsminister“ Dr. Johannes Hahn, die österreichische Beteiligung am europäischen Kernforschungszentrum CERN (Conseil Européen pour la Recherche Nucleaire) im Jahr 2010 zu beenden. Dabei könnte man heuer das 50-Jahr-Jubiläum der österreichischen Mitgliedschaft am CERN feiern. Seit Österreichs Beitritt erhielten Forscher des CERN vier Nobelpreise, an zumindest einem waren Österreicher beiteiligt. Das World Wide Web wurde ebenso am CERN entwickelt, quasi als Nebenprodukt der Wissenschaft.

Der Grund für Österreichs Austritt? Das Budget. Österreich gibt irgendwo zwischen 16 und 20 Millionen Euro jährlich für die Teilnahme am CERN aus. Das ist ein nur ein ganz geringer Teil des österreichischen Wissenschaftbudgets (0,47%), wie man leicht sieht entspricht es ungefähr dem Gegenwert einer Tasse Kaffee pro Staatsbürger und Jahr. Dass das Ministerium betont, die CERN-Mitgliedschaft mache einen großen Teil der für die Beteiligung an internationalen Forschungseinrichtungen vorgesehenen Budgetmittel aus, bedeutet eigentlich auch nur, dass dieser „Topf“ eher ein „Töpfchen“ ist.

Peinlich ist dieser Austritt aber auch aus anderen Gründen. Das CERN ist auf dem besten Weg, den Large Hadron Collider erneut in Betrieb zu nehmen und ist ein paar Monate davon entfernt, die teuersten und vermutlich wichtigsten Messungen seiner Geschichte zu machen; Experimente, auf die Jahrzehnte lang hingearbeitet wurde. In diesem Zusammenhang möchte Österreich nun austreten. Finanziell wird das dem CERN wahrscheinlich eher weniger schaden, wenn man bedenkt, dass der LHC insgesamt zwischen 3,2 und 6,4 Milliarden Euro kostet und am CERN noch viele andere kleinere Experimente laufen. Laut verschiedenen Angaben wird ein großer Teil des österreichischen Beitrags dazu verwendet, um die ca. 170 österreichischen Wissenschaftler in Genf zu bezahlen. Für sie, und für die österreichischen Dissertanten am CERN, wird die Sache unangenehm. Besonders unangenehm fürs CERN wäre es aber, wenn sich nun andere Länder, die weitaus höhere Beiträge leisten, dazu entscheiden, die Wirtschaftskrise zum populistischen Sparen auszunützen. Es ist peinlich, dass Österreich dafür der Auslöser ist. Man sollte sich schämen, das erste Land seit 40 Jahren zu sein, das aus dem CERN austritt (Jugoslawien trat 1961 aus, Spanien trat 1969 aus und ist seit 1983 wieder dabei).

Ich hab’s allerdings satt, mich für die österreichische Politik fremdschämen zu müssen. Tun wir was dagegen! Einige Mitglieder des Fachausschusses Kern- und Teilchenphysik (FAKT) der
Österreichischen Physikalischen Gesellschaft (ÖPG) haben auf sos.teilchen.at eine Menge an Statements bekannter nationaler und internationaler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammengetragen.
Das ist praktisch, denn aus diesen Stellungnahmen kann man gut zitieren, wenn man Briefe an die zuständigen Regierungsmitglieder schickt. Am besten wäre es, jeder von uns schreibt

  • Wissenschaftsminister Dr. Johannes Hahn (ÖVP)
  • Finanzminister Dipl.-Ing. Josef Pröll (ÖVP)
  • Bundeskanzler Werner Faymann (ÖVP)
  • und vielleicht auch gleich den Wissenschaftssprechern der Parteien, den Mitgliedern des Wissenschaftsausschusses des Parlaments, etc.

Die Crux dabei: je mehr Arbeit die Mitarbeiter mit dem Bearbeiten von Briefen und e-mails haben, desto eher werden sie auf die darin vertretenen Anliegen aufmerksam.

Außerdem möchte ich euch nahelegen, die Petition auf der Seite virtuell mit Namen und e-Mailadresse zu unterzeichnen.

Für all jene, die ohnehin schon der Meinung sind, sie leben oder forschen in einer Bananenrepublik, hab ich auch noch eine Kleinigkeit: passende T-Shirts. Link.

Korrektur: Die Petition stammt nicht vom Institut für Hochenergiephysik der österreichischen Akademie der Wissenschaften sondern vom FAKT der ÖPG. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften hat ein eigenes Informationsangebot hier.

Besuch eines fast vergessenen Orts

Der Jüdische Friedhof Währing im 19. Wiener Gemeindebezirk diente den jüdischen Gemeinden Wiens bis zur Eröffnung des Zentralfriedhofs als Begräbnisstätte. Seit dem Zweiten Weltkrieg ist der Friedhof dem Zerfall preisgegeben und wird von Pflanzen regelrecht überwuchert. Eigentlich müsste der Staat oder die Stadt Wien aufgrund des unter der Regierung Schüssel geschlossenen Washingtoner Abkommens den Friedhof restaurieren und für dessen Erhaltung aufkommen–bis auf einen Baumschnitt vor zirka zwei Jahren ist allerdings nichts derartiges geschehen.

Fotos auf Flickr.

Die Grünen organisieren äußerst interessante Führungen mit einer Historikerin, in denen unter anderem die Geschichte des Friedhofs und der dort begrabenen Personen besprochen wird.

Nähere Informationen zu den Führungen gibt es unter juedischer.friedhof@gruene.at.

Das Betreten des Friedhofs ist wegen des Zustands der Bäume und Gräber lebensgefährlich und daher ohne Einwilligung der Kultusgemeinde verboten. Für die Teilnahme an der Führung musste ich eine Haftungserklärung unterschreiben.

e-Voting, Teil III

Der Zahltag Wahltag rückt näher, und das äußert sich unter anderem darin, dass nun die Wählerverzeichnisse in den Räumlichkeiten der Hochschülerschaften zur Einsicht aufgelegt werden müssen. Normalerweise ist das eher ein Formalakt.

Durch die neue technische Abwicklung der Wahl (siehe dazu auch meine letzten Berichte hier und hier) kam es offenbar bei der Erstellung der Wählerverzeichnisse zu einigen Unregelmäßigkeiten.

Zahlreiche Personen, darunter auch der Spitzenkandidat einer wahlwerbenden Gruppe, scheinen trotz aufrechter Zulassung zum Studium nicht im WählerInnenverzeichnis auf. Alle Studierenden, die keinen Einspruch einlegen, werden somit vom Wahlrecht ausgeschlossen. [Florian Ortner, Vorsitzender der ÖH Uni Graz]

Zusätzlich sind einige Studierende laut WählerInnenverzeichnis für Studienrichtungen wahlberechtigt für die Sie nicht inskribiert sind oder es fehlen gültig inskribierte Studienrichtungen. Michael
Schöndorfer, stv. Vorsitzender der ÖH Uni Graz stellt dazu fest:
„Neben der Tatsache, dass die Zuordnung der inskribierten
Studienrichtungen zu den wahlberechtigten Studierenden völlig fehlerhaft ist, sind Studierende an der Uni Graz auch für
Studienrichtungen (Bauingenieurwesen) wahlberechtigt, die an unserer Uni gar nicht angeboten werden.“

(Quelle: Presseaussendung der ÖH Uni Graz)

Alle, die sich für e-Voting registriert haben, können die Wahlberechtigung online überprüfen.

Allen anderen bleibt nichts anderes übrig als bis zu vier Wochen vor dem letzten Wahltag, also bis zum 30. April, Einsicht in das Wählerverzeichnis zu nehmen und gegebenenfalls ebenfalls innerhalb dieser Frist Einspruch zu erheben.

Die Verzeichnisse der Wahlberechtigten müssen laut HSWO 2005 §20 in der Zeit von 5 Wochen bis 4 Wochen vor dem letzten Wahltag in den Räumen der Hochschülerschaften an den Universitäten aufgelegt werden, innerhalb dieser Zeit kann das Wählerverzeichnis schriftlich bei dem oder der Vorsitzenden der zuständigen Wahlkommission beeinsprucht werden. Diese muss dann bis 3 Wochen vor dem letzten Wahltag über die Einsprüche entscheiden, wobei gegen die Entscheidung der Wahlkommission keine Rechtsmittel zulässig sind.
„Die Wahlkommission hat eine Verbesserung
der Verzeichnisse durchzuführen, wenn durch Vorlage geeigneter Urkunden oder Belege deren Unrichtigkeit bewiesen wird.“

Ich nehme an, eine e-mail ist nicht ausreichend. Ich weiß nicht ob „schriftlich“ wonders definiert ist, aber in §68 HSWO steht unter anderem: „Werden mittels E-Voting abgegebene Stimmen für ungültig erklärt, so sind die betroffenen Wählerinnen und Wähler schriftlich darüber zu verständigen. […] Zusätzlich hat eine Verständigung per E-Mail, Telefon
oder Fax zu erfolgen, sofern entsprechende Kontaktdaten vorliegen.[…]“

Wer sich also, so wie eine Mitbegründerin von papierwahl.at, nicht im Wählerverzeichnis findet, sollte den Einspruch per eingeschriebenem Brief an die Wahlkommission schicken und dem Schreiben eine Studienbestätigung oder Ähnliches beilegen.

Hat jemand von euch einen Fehler im Wählerverzeichnis entdeckt? Bitte um Kommentare 😉

Go ahead punk, make my day

So sieht’s aus, wenn man über den A-Online SMTP Server eine e-mail verschickt:

$ telnet email.aon.at smtp
Trying 195.3.96.71...
Connected to email.aon.at.
Escape character is '^]'.
220 smarthubxx.highway.telekom.at ESMTP
helo xxxxxxx
250 smarthubxx.highway.telekom.at
mail from:mail@example.com
250 ok
rcpt to:mail@example.com
250 ok
DATA
354 go ahead punk, make my day
From:....
To:....

250 ok xxxxxxxxxx qp xxxx by smarthubxx.highway.telekom.at
quit
221 smarthubxx.highway.telekom.at Goodbye.
Connection closed by foreign host.

Aus Wikipedia:

In one scene of the movie [Sudden Impact, Anmerkung], Harry Callahan (played by Clint Eastwood) goes into a diner for a morning cup of coffee. When Callahan discovers a robbery in the diner, he kills the robbers in a shootout. However, a surviving robber holds the fleeing waitress Loretta (Mara Corday) at gunpoint, and holds his gun to her head and threatens to shoot. Instead of backing off, Harry points his .44 Magnum revolver into the man’s face at point-blank range and dares him to shoot, saying with clenched teeth and in his characteristic rough grumble, „Go ahead, make my day„.

e-Voting, die zweite

Seit meinem letzten Artikel über e-Voting haben sich ein paar Dinge getan:

  • Wissenschaftsminister Hahn hat in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage die Kosten des Projekts offen gelegt.
  • Auf der „Whistleblower“-Website Wikileaks ist eine Anleitung zur Bedienung des e-Voting-Systems aufgetaucht, die Anlass zur Sorge gibt.
  • Zu guter Letzt wurde bekannt, dass die eingesetzte Software der Firma Scytl bei vergangenen Wahlen nicht besonders gut abgeschnitten hat.

Kosten

Die Kosten des ganzen sind nicht unerheblich:

Wissenschaftsminister Johannes Hahn bezifferte in der Beantwortung einer FPÖ-Anfrage die bisherigen Kosten mit 371.780 Euro (Stand 1. April). Die endgültigen Kosten seien noch nicht abschätzbar.
(Die Presse, 09.04.2009)

Dafür bekommen dann ein paar Tausend Studierende die Möglichkeit, ihre Stimme online abzugeben (wir erinnern uns: 10.000 Lesegeräte werden kostenlos ausgegeben).
Toll, oder? Um das Geld (37€ pro e-Voter) könnte man doppelt so viele Studierende mit dem Taxi zum Wahllokal bringen–und das sind gerade mal die bisherigen Kosten.

Ablauf der Wahlen

Wikileaks hat unterdessen zwei Handbücher des e-Voting-Systems bekommen und als (ein) PDF veröffentlicht. Einige glaubten, in dem Handbuch Hinweise auf eine Funktion zum Löschen von Wählerdaten gefunden zu haben (Handbuch Seite 6), das dürfte aber doch nicht der Fall sein.

Auffällig ist, dass die gesamte Tätigkeit der Wahlkommissionen und Unterkommissionen, vom Erstellen der Wählerlisten zu den Niederschriften der Sitzungen und schlussendlich zur Verständigung der gewählten Kandidaten,  im elektronischen System abgebildet wird. Die Unterkommissionen sollen dabei die Ergebnisse der Auszählung direkt über das Internet in das Wahlsystem eintippen.

Das heißt aber auch, dass die Papierwahl nicht viel sicherer als die elektronische Wahl ist. Es ist nicht klar, ob es auffiele, wenn der zentrale Computer ein paar Stimmen unter den Tisch fallen ließe. Die Stimmzettel können zwar im Nachhinein nochmal gezählt werden, aber es ist nicht offen sichtlich, ob die Ergebnisse aus dem e-Voting-Prozess separat verfügbar sind, damit man beanstandete Entscheidungen nachrechnen kann.

Im Übrigen: Das System, nach dem die Mandate an die Fraktionen usw. zugeteilt werden ist ziemlich aufwändig und in der Hochschülerschaftswahlordnung festgelegt. Man muss hoffen, dass das fehlerfrei implementiert wurde.

Software

Software der spanischen Firma Scytl, die auch die Software für die ÖH-Wahlen stellt, wurde bei einer lokalen Wahl in Finnland bereits eingesetzt. Dabei sind 232 Stimmen, 2% aller Stimmen, verloren gegangen. Die Wahlen müssen nun nach einer Entscheidung des Höchstgerichts wiederholt werden.