Es ist wieder soweit: Die Wiener Kaffeesieder feiern am 1. Oktober den Tag des Kaffees. In den Kaffeehäusern und auf öffentlichen Plätzen wird die Wiener Kaffeekultur und sein Aushängeschild, die Melange, zelebriert. Die Kaffeehäuser in der Wiener Wirtschaftskammer feiern–sich selbst.
Zum Bild des klassischen Wiener Kaffeehauses gehören viele Dinge–der höfliche, elegant gekleidete, zurückhaltende „Herr Ober“, die Auswahl an Zeitungen, das Glas Wasser mit dem Kaffeelöffel, die Sachertorte, der Thonet-Stuhl und nicht zuletzt die Literaten, die das eine oder andere Kaffeehaus zu ihrem zweiten Heim erklärt hatten. Zur Wiener Kaffeekultur gehören auch die vielen verschiedenen „Kaffeespezialitäten„–die Melange, der Fiaker, der Obermayer und einige mehr.
Es ist an der Zeit, diese Wiener Kaffeekultur zu hinterfragen.
Wer einen Blick darauf wirft, was in den Wiener Kaffeetassen landet, muss sich die Frage stellen, ob der 1. Oktober nicht passender „Tag der Milch und des Zuckers“ genannt werden sollte. Der Kaffee selbst–genauer gesagt, die Qualität dieses Extraktes aus gerösteten Kaffeebohnen–spielt in einigen Kaffeehäusern eine untergeordnete Rolle. Wenn man den Kennern der Materie glaubt, treffen gelegentlich mittelmäßige Bohnen auf selten gewartete Maschinen oder nicht perfekt ausgebildetes Personal. Der durchschnittliche Kaffeehausbesucher, die normale Kaffeehausbesucherin, bekommt davon leider nicht viel mit. Einer der wichtigsten Gründe dafür ist, dass fast jeder schlechte Kaffee einigermaßen passabel schmeckt, wenn man nur genug Milch und Zucker verwendet.
Daher ein Vorschlag: Bestellen Sie am Tag des Kaffees einen Espresso, Mokka oder Verlängerten ohne Milch oder Zucker! Wenn der Cafétier seine Arbeit gut macht und frisch geröstete, hochwertige Bohnen verwendet, dann bietet Kaffee pur ein interessantes Geschmackserlebnis.