(derStandard.at hat diesen Artikel mit meiner Zustimmung übernommen.)
Vom 24. bis 26. Mai sind wieder die Hochschülerschaftswahlen. Alle Studierenden sind dazu aufgerufen, zwei der vier Ebenen der ÖH direkt zu wählen. Auf der Ebene der Studienvertretungen darf jeder mehrere Personen namentlich wählen. Für die Ebene der Universitätsvertretung gilt ein Listenwahlrecht, man wählt also zum Beispiel den VSStÖ, die AG oder die GRAS.
Natürlich kann man die Wähler durch Wahlkampf gewinnen, was die Fraktionen auf der UV-Ebene auch machen. Auf der Ebene der Studienvertretungen bietet sich aber eine andere Variante an-ich nenne sie die legale Wahlmanipulation. So geht’s:
Unser wunderbares ÖH-Wahlrecht bietet jedem Studenten die Möglichkeit, in allen seinen Studienrichtungen die Studienvertretungen zu wählen. Praktischerweise kann man in Österreich nahezu beliebig viele Studienrichtungen an allen möglichen Unis belegen. Eine Ausnahme: man darf dieselbe Studienrichtung nicht an mehreren verschiedenen Unis gleichzeitig studieren.
Praktischerweise läuft das dann so ab, dass manche VertreterInnen und SympathisantInnen von wahlwerbenden Gruppen links und rechts sich als wahre studentische Multitasker erweisen und die drei Wahltage nützen, um ein Wahllokal nach dem anderen abzuklappern und dort die Stv-KandidatInnen zu wählen, die von einer Gruppierung unterstützt werden. Als normaler Student oder auch als Kandidat erkennt man diese Leute daran, dass sie zwar den expliziten Willen haben, für Studienrichtung A zu wählen, aber oft den Weg zum Wahllokal der Studienrichtung A, das ganz zentral eingerichtet ist und den StudentInnen der Studienrichtung A auf jeden Fall bekannt sein müsste, nicht alleine finden. Die Wahlbeobachter und Mitglieder der Unterkommission der Wahlkommission erkennen diese Leute daran, dass der Platz im Studentenausweis für die Stempel der verschiedenen Wahlkommissionen kaum ausreicht. Gerüchten zufolge werden manchmal auch mehrere Unis in mehreren Städten abgeklappert.
Tatsächlich hatte ich auch einmal die Möglichkeit, die Statistik einer Studienrichtung einzusehen, in der man sehr genau erkennen konnte, dass sich in den Sommersemestern mit ÖH-Wahlen bedeutend mehr Studierende neu für diese Studienrichtung angemeldet hatten als in den anderen Sommersemestern.
Kann man auf diese Art das Ergebnis merklich beeinflussen? Ja, man kann. Manche kleinere Studienvertretungen haben vielleicht insgesamt 500 Wahlberechtigte. Bei den üblichen 20-30% Wahlbeteiligung bedeutet das, dass die sehr beliebten KandidatInnen froh sein können, wenn sie über 100 Stimmen bekommen. Beispielsweise 30 zusätzliche Stimmen machen da einen großen Unterschied–für eine Basisgruppe oder eine andere Organisation sind die aber einfach aufzutreiben.
Und nun zur Königsdisziplin: Nicht immer ist es einfach, eine sinnvolle Anzahl an KandidatInnen (je nach Stv 3-5) aus den StudentInnen einer Studienrichtung zu rekrutieren. Damit man nicht nur eine oder zwei Personen auf dem Wahlvorschlag hat stellt man dann einfach Leute auf, die irgendwas anderes studieren, denn schließlich bekommt man ja ohnehin die Stimmen der eigenen FraktionswählerInnen und ein paar echte WählerInnen wird man wohl durch Cocktails und andere Goodies oder durch „Wir sind die Guten“-Wahlpropaganda davon überzeugen können, dass-als frei erfundenes Beispiel-eine Studentin der Medienwissenschaften super die Interessen von Mathematikstudierenden vertreten kann.
(Das Fallbeispiel am Ende ist natürlich frei erfunden um die Absurdität der Situation darzustellen, eine Ähnlichkeit mit tatsächlichen Begebenheiten ist unbeabsichtigt.)
Das ist seit gefühlten 100 Jahren so. in der „guten alten Zeit“ kam auch noch echter Betrug dazu: Mithilfe irgendwo gestohlener Stimmzettel (über FraktionskollegInnen, die in einer Wahlkommission saßen), wurde die Universitäts- und Bundesvertretung (damals Haupt- bzw. Zentralauschuss) mehrfach gewählt. Dies fiel aufmerksamen Wahlkommissionsleitern (wie mir) durch für die Anzahl der Stempel viel zu dicke Kuverts auf. Mit der Univertretung sollte das auch heute noch gehen.