„Fahrkartenverkauf ist eigentlich Kundenbelästigung“ hat man mir in der ÖBB-Zentrale schon vor einigen Jahren gesagt. Das klingt seltsam, aber es steckt einiges an Wahrheit dahinter. Die Dienstleistung, die die Bahn verkauft, ist der Transport von A nach B. Bequeme Sitze und pünktliche Züge gehören dazu. Dass man sich dafür vorher eine Fahrkarte kaufen muss, ist bloß ein notwendiges Übel. Für die Bahn ist es also sinnvoll, den Kunden den Fahrkartenkauf so einfach wie möglich zu machen.
Also SimplyGo. Wie funktioniert’s? Man öffnet die App, swiped vor Fahrtbeginn nach rechts und nach Ende der Fahrt nach links. Die App erkennt Abfahrtsort, Zielort und Verkehrsmittel und berechnet am Ende des Tages automatisch den günstigsten Preis. Wird man während der Fahrt nach dem Fahrschein gefragt, zeigt man die laufende App her. Funktioniert gut, in der Theorie.
Tracking ist in der App „part of the game“. Wenn ich aber über die Website oder die App einen auf meinen Namen lautenden Fahrschein kaufe, dann liegt es auch nahe, dass ich einen der Züge, für die der Fahrschein gilt, benütze. Ebenso erfährt die Bahn, wo ich bin, wenn meine Vorteilscard von der Schaffnerin oder dem Schaffner gescannt wird. Mit SimplyGo bekommt die Bahn auch noch Informationen darüber, welche anderen öffentlichen Verkehrsmittel verwendet werden, sofern man die Reise nicht am Bahnhof startet und beendet.
Über Ostern habe ich SimplyGo für eine Fahrt aus der Steiermark nach Wien ausprobiert. Bei der erstmaligen Aktivierung der Funktion muss man die Kreditkartendaten erneut eingeben, eine Zahlung von 10 Cent autorisieren und den AGB zustimmen. Außerdem möchte die App die Berechtigungen für die Standortdaten und die Fitnessdaten haben. Letztere soll dazu dienen, zu eruieren, wie man eine Strecke zurücklegt.
Dann swipet man nach rechts. Rechtzeitig vor Fahrtbeginn, möglichst im Freien (damit das GPS funktioniert), v0r dem Passieren der Sperre bei der U-Bahn. Die App schickt dann in regelmäßigen Abständen eine Push-Benachrichtigung, wohl mit dem Ziel, aktiv zu bleiben. Für die Ticketkontrolle erstellt die App eine Art Fahrschein mit 2D-Code, der den gewöhnlichen Fahrscheinen in der ÖBB App sehr ähnlich sieht. Die Schaffnerin scannt dann einfach den 2D-Code. Irgendwann zwischendrin aber dürfte mein Handy die App dennoch abgestellt haben.
Beim Versuch, die Fahrt zu beenden, fing der Spaß für mich aber erst richtig an. „Synchronisieren…“ meldete die App und tat sonst nichts. Es stellte sich heraus, dass ich die App einmal „abschießen“ und neu starten musste, bevor ich die Fahrt beenden konnte. Auch zum Beenden der Fahrt braucht man wieder ein GPS-Signal.
Der Fahrpreis wird relativ schnell berechnet, aber erst am nächsten Tag abgebucht – es könnte ja sein, dass man noch eine weitere Fahrt macht und sich dadurch ein anderer Fahrschein, zum Beispiel eine Tageskarte, auszahlt. Die Berechnung ist richtig und berücksichtigt auch die Ermäßigungen, die man vorher eingegeben hat (Vorteilscard, Wiener Jahreskarte etc.) – aber sie ist insofern unübersichtlich als dass die Bahn nicht aufschlüsselt, woraus sich der Preis zusammensetzt.
Fazit: In der Praxis funktionierte SimplyGo noch nicht so gut, wie sich die Bahn das vorstellt. Wenn man Start und Ziel kennt, ist es weniger stressig, sich einen gewöhnlichen Fahrschein zu kaufen. Die Funktion spielt ihre Stärke dann aus, wenn man spontan fahren möchte und wenn man am selben Tag mehrere Fahrten im Nahverkehr oder Regionalverkehr hat, ohne eine Monats- oder Jahreskarte dafür zu besitzen.