Das Ende der Geldbörse

Wann auch immer jemand das Thema „Abschaffung von Bargeld“ anrührt – eine sehr lebhafte Diskussion ist quasi vorprogrammiert. Darum soll’s aber hier nicht gehen.

Wer kennt die Situation nicht: man geht aus dem Haus, und nach ein paar Metern kommt man drauf: „Mist, ich habe die Geldbörse daheim vergessen!“ Noch vor ein paar Jahren war das für mich ein Grund, umzukehren. Mittlerweile ist das – zumindest für mich – nicht mehr so.

Ein Blick auf verschiedene Dinge, die man normalerweise in einer Geldbörse findet, die Alternativen dazu, und in naher Zukunft geplante Änderungen:

Eine Bankomatkarte/Kreditkarte

Bezahlen per Smartphone ist nichts neues – das hat auch schon 2016 einigermaßen zufriedenstellend funktioniert. Es hat aber einige Zeit gebraucht, bis es gängig wurde, bis Kartenlesegeräte durch kontaktlose Kartenleser ersetzt wurden, und bis auch kleinere Betriebe des täglichen Bedarfs Kartenzahlung zu akzeptieren begonnen haben. Mittlerweile kann ich auch in der Bäckerei mit dem Smartphone bezahlen.

Kundenkarten

Ich mochte die vielen Kundenkarten eigentlich nie. Die meisten habe ich stets daheim aufbewahrt und nur nach Bedarf in die Geldbörse gesteckt. Als vor vielen Jahren die ersten Apps zum Speichern von (vielen verschiedenen) Kundenkarten auftauchten, war ich schnell überzeugt. Dass immer mehr Läden darauf bestehen, dass man die eigene App installiert, ist ärgerlich. Aber hey, man braucht auch nicht von jedem Laden eine Kundenkarte.

Ausweise

Für Reisen ins Ausland braucht man noch einen physischen Personalausweis oder Reisepass und eventuell einen physischen Führerschein. Im Inland kann man den Führerschein schon digital mit der eAusweise-App der Bundesregierung vorzeigen, vorausgesetzt, man hat einen Scheckkartenführerschein. Alle, die noch einen rosa Lappen haben, müssen noch ein bisserl warten, denn hier fehlt dem Staat ein digitalisiertes Foto in der Führerscheinkartei.

Die selbe App bietet auch einen digitalen Identitätsnachweis und einen digitalen Altersnachweis. Auch Zulassungsscheine für KFZ kann man bereits jetzt digital in der eAusweise-App mitnehmen. Allerdings gibt’s hier noch einen Haken: der Zulassungsschein kann derzeit nicht an andere Personen weitergegeben werden. Diese Funktionalität soll noch kommen.

Der digitale Personalausweis soll noch 2024 kommen.

Die digitalen Ausweise sollen bis voraussichtlich 2026 auch in den anderen EU-Staaten anerkannt werden, in manchen eventuell schon früher. Hinter all diesen Terminen steht ein gewisses Fragezeichen, denn der zuständige Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky, der der APA im November 2023 diese Termine genannt hat, ist wegen des vergeblichen Versuchs, Innsbrucker Bürgermeister zu werden, nicht mehr im Amt.

Die e-Card (Sozialversicherungskarte)

Wer in den letzten Monaten in einer Arztpraxis war, wird vielleicht bemerkt haben, dass die Lesegeräte für die e-Card durch solche ersetzt wurden, die NFC-fähig sind. Auch die e-Card soll laut Tursky noch 2024 aufs Smartphone kommen, als Ergänzung zur physischen App. Hier erwies sich angeblich Apple als Bremse, durften doch Apps am iPhone nicht auf die NFC-Schnittstelle zugreifen. Das e-Rezept kann man digital am Smartphone abrufen und auch an andere Personen weiterleiten, damit diese Medikamente in der Apotheke abholen können.

Eine Jahreskarte für den öffentlichen Verkehr/Klimaticket

Das ist erledigt. Die Unternehmen verkaufen gerne Tickets digital und daher kann man auch die Jahreskarten in deren Apps anzeigen. Offiziell sind die Tickets nur in Verbindung mit einem Lichtbildausweis gültig. Ob die Unternehmen dafür einen digitalen Ausweis akzeptieren, weiß ich nicht. In Wien und in der ÖBB werde ich normalerweise nicht nach einem zusätzlichen Ausweis gefragt.

Zutrittskarten von Firmen und Vereinen

Das ist noch offen. Einerseits basieren mittlerweile viele dieser Systeme auf NFC. Andererseits gibt es für viele davon keine Apps. Als Alternative kann man eventuell die Karte durch einen Schlüsselanhänger mit NFC-Tag ersetzen – aber das erfordert die Mitwirkung der Firma bzw. des Vereins.

Bargeld

Ja klar. Die Marktstandler, der Eissalon und der Würstelstand mögen lieber Bargeld.

Münzen brauche ich nicht mehr so oft wie früher. Die Münzen, die ich fallweise als Wechselgeld bekomme, landen daheim meist in einer Dose, deren Inhalt ich alle paar Monate auf mein Konto einzahle. Zum Entsperren der Einkaufswagen im Supermarkt verwende ich einen Einkaufswagenlöser für den Schlüsselbund. (Die sind hier in Wien mittlerweile so weit verbreitet, dass kaum mehr Einkaufswagen angehängt sind.)

Nicht selten sieht man, dass jemand einen Geldschein in die Handyhülle gesteckt hat. Fans des EDC (everyday carry) können ein, zwei Scheine und Münzen dort hineingeben. Für Notfälle gibt es auch Schlüsselanhänger, in denen man eine gefaltete und gerollte Banknote unterbringen kann. Seltsame Blicke der Eisverkäuferin, der man einen total zerknitterten 20€-Schein überreicht, sind einem ziemlich sicher – daher nur als Notlösung geeignet. Übrigens: die Bankomatkarte am Smartphone kann man auch verwenden, um am Bankomat Bargeld abzuheben.

Fazit

Für immer mehr von uns wird es in nächster Zeit möglich werden, die Geldbörse im Alltag daheim zu lassen.

Fragen, Fragen, Fragen…

Hin und wieder gibt’s hier einen politischen Kommentar von mir. Da mir und vielen anderen Wienern derzeit verschiedene Infos zur Wiener Volksbefragung 2013 ins Haus flattern, möchte ich kurz darauf eingehen.

1. Parkraumbewirtschaftung

Wie soll die Parkplatzsituation und Lebensqualität für BezirksbewohnerInnen verbessert werden?
A) Es sollen für jeden Wiener Bezirk Parkraumregelungen eingeführt werden.
B) Es soll Lösungen für einzelne Bezirke geben (mit Berücksichtigung der Interessen der Nachbarbezirke)

Kann man diese Frage bitte noch ein bisschen umständlicher stellen? Im wesentlichen bedeutet die Frage: Sollen A) die Stadtregierung und der Gemeinderat oder B) die Bezirksvorsteher und Bezirksvertretungen über die Parkraumbewirtschaftung in einem Bezirk entscheiden. Angesichts dessen, wie langwierig sich der derzeitige Prozess der Ausweitung der Kurzparkzonen gestaltet, und wie kurzsichtig manche Beteiligten auf Seiten der Bezirke agierten, bin ich klar dafür, den Bezirken diese Kompetenz zu entziehen.

2. Olympische Sommerspiele

Soll sich die Stadt um die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2028 bemühen? Ja oder Nein?

Die Ausrichtung von Olympischen Spielen ist extrem teuer, bringt aber einen großen Werbewert mit sich. Viele führen an dieser Stelle als Gegenargument an, Wien schaffe es nicht einmal, sein Stadthallenbad dicht zu bekommen. Das halte ich für einen eher blöden Seitenhieb. Tatsache ist aber, dass Wien eine ganze Reihe von Sportstätten für den Hochleistungssport mit vielen Zuschauerplätzen neu errichten müsste. Diese Sportstätten sind nicht nur teuer in der Errichtung, sondern verursachen auch in den Jahrzehnten nach den Spielen erhebliche Kosten für den Betrieb und die Erhaltung. Dazu kommt, dass sie für Österreich einfach eine Nummer zu groß sind. Das Schwimmstadion für Peking 2008 hatte Platz für 17000 Zuseher, die für die Schwimm-EM 2012 in Debrecen (Ungarn) verwendete Halle bietet 2200 Besuchern Platz. Letzteres wäre wohl die für Wien sinnvollere Größe. Selbst in Peking hat man sich dazu entschlossen, die Schwimmhalle nach den Spielen wieder zurück- bzw. umzubauen. In manchen Fällen ist die Nachnutzung einfacher: Das Olympische Dorf kann sicher 1:1 in Wohnungen umgewandelt werden und die Infrastrukturprojekte wie Straßen und Bahnlinien lassen sich auch einfach weiterverwenden. Als Beispiel sei die Fußball-EURO 2008 genannt. Während Wien die Gelegenheit genützt hat, die U2 sinnvoll zu verlängern, blieb Klagenfurt ein viel zu großes Sportstadion und ein Haufen Kosten.

Ich glaube, Wien ist mit kleineren Sportveranstaltungen besser beraten. Wie wär’s, wenn wir das Geld, das wir für die olympischen Spiele ausgegeben hätten, stattdessen für die Errichtung und Erhaltung von leistbaren Wohnungen und Sportstätten für den Breitensport ausgeben?

3. Privatisierungsschutz

Die kommunalen Betriebe bieten der Wiener Bevölkerung wichtige Dienstleistungen wie zum Beispiel Wasser, Kanal, Müllabfuhr, Energie, Spitäler, Gemeindewohnbauten und öffentliche Verkehrsmittel. Sind Sie dafür, dass diese Betriebe vor einer Privatisierung geschützt werden?

In Analogie zum Bankensektor gibt es hier viele Betriebe, die ich nicht als „too big to fail“, sondern als „too important to fail“ bezeichnen würde. Ich sehe keinen Sinn darin, die Wasserversorgung zu privatisieren. Ein privatwirtschaftliches Unternehmen hätte damit ein de-facto-Monopol auf die Wasserversorgung und könnte die Wartung der Leitungen und die Sicherung der Wasserqualität zugunsten des eigenen Profits vernachlässigen. Beispiele aus dem Ausland (z.B. Thames Water) zeigen außerdem, dass das keine gute Idee ist. Möglicherweise ist es aber auch politisches Kalkül, in der Fragestellung explizit die Wasserwerke zu erwähnen. In anderen Bereichen, in denen die Stadt Wien aktiv ist, funktioniert das Zusammenspiel von Unternehmen in privater Hand und solchen im öffentlichen Eigentum recht gut. Über das Netz die Wien Energie fließt Strom und Erdgas einiger privater Anbieter, im Verkehrsverbund arbeiten Wiener Linien, ÖBB und private Busunternehmen zusammen, auf den von der Bestattung Wien betriebenen Friedhöfen sind auch andere Bestattungsunternehmen aktiv. Am Wohnbausektor heißt es ohnehin schon seit längerem „mehr privat, weniger Staat“. Dennoch bin ich dafür, für die verbleibenden Unternehmen im Landeseigentum einen Privatisierungsschutz einzurichten bzw. sich dafür einzusetzen. Man weiß ja nicht, auf welch dumme Ideen die nächsten Regierungen kommen.

4. Erneuerbare Energieprojekte

Soll die Stadt nach dem Beispiel der Bürgerinnen-Solarkraftwerke weitere erneuerbare Energieprojekte entwickeln, die mit finanzieller Beteiligung der BürgerInnen realisiert werden?

Ja, warum nicht. Die Wienstrom wird hoffentlich intelligent genug agieren, um nur solche Projekte zu realisieren, die das Unternehmen nicht über kurz oder lang in den Ruin treiben. Dass erneuerbare Energien zwar eine tolle Sache sind, aber ohne konventionelle Kraftwerke oder Energieimporte den Energiebedarf Wiens auf absehbare Zeit nicht decken können, steht auf einem anderen Blatt. Auf dem Energiesektor gibt’s aber noch mehr zu tun: Umsteigen auf umweltfreundliche Energieformen beim Heizen (weg von Kohle, Erdöl und Festbrennstoffen, hin zu Fernwärme, Erdgas etc.), Forcierung von solarer Warmwasserbereitung, abgasärmere Busse (derzeit planen die Wiener Linien, von den abgasarmen Flüssiggasantrieben zu dreckigeren Dieselmotoren zu wechseln) und eine genauere Abrechnung von Gemeinschaftszentralheizungen und Fernwärmeanschlüssen, die zum Energiesparen ermuntert. Angesichts dieser To-Do-Liste halte ich die Frage für einigermaßen sinnlos.

 

 

 

Fukushima: 1 Jahr danach

Am Sonntag, 11. 3. 2012, jährt sich das Tōhoku-Erdbeben zum ersten Mal. Der durch das Magnitude-9-Erdbeben verursachte Tsunami hat zirka 16.000 Tote gefordert, zehntausende Gebäude entlang von 680km Küstenlinie beschädigt oder zerstört und eine der größten Nuklearkatastrophen ausgelöst.

Der US-amerikanische TV-Sender PBS, ein Nonprofit-Sender, hat zwei meiner Meinung nach sehenswerte Dokumentationen darüber ausgestrahlt.

Die erste, „Nuclear Aftershocks“, behandelt die Auswirkungen der Katastrophe und wirft einen genauen, kritischen Blick auf die Zukunft der Energiewirtschaft, mit Blick auf Alternativen, erneuerbare Energien und die schon recht alten AKWs in den USA.

Watch Nuclear Aftershocks on PBS. See more from FRONTLINE.

Die zweite, „Inside Japan’s Nuclear Meltdown“, beschreibt die Katastrophe aus der Sicht der AKW-Arbeiter und Hilfskräfte, aus der Sicht des japanischen Premierministers und betroffener Bürger.
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